Kultur „La Cenerentola“ im Pfalztheater Kaiserslautern

Die Inszenierung beweist Gespür für die Übergänge zwischen Spiel und Ernst: Anna-Katharina Tonauer als Angelina mit Bartolomeo S
Die Inszenierung beweist Gespür für die Übergänge zwischen Spiel und Ernst: Anna-Katharina Tonauer als Angelina mit Bartolomeo Stasch als Lehrer Alidoro, der Drahtzieher der Komödie ist.

Auf das Gebiet der Belcanto-Buffooper begibt sich das Kaiserslauterer Pfalztheater mit seiner jüngsten Produktion, „La Cenerentola“ von Rossini nach Charles Perraults bekanntem Märchen vom Aschenputtel. Regie führte – in Marcel Zabas Ausstattung – Intendant Urs Häberli, am Pult stand der junge russische Dirigent Anton Legkii. Die künstlerische Bilanz der Neuinszenierung: eindeutig positiv.

Präsentiert wird ein abwechslungsreiches, unterhaltsames Spiel, zu dem Zabas sparsam rationale Szenerie den ohne Einschränkung geeigneten Rahmen bildet. Mit ihren die Fläche von beiden Seiten und von hinten umrahmenden mobilen roten Wänden erweist sich das Bühnenbild als sehr praktikabel und ermöglicht stets unaufwändige, schnelle Wechsel. Seitlich verstellt, verwandeln sich die mobilen Kulissen in Spiegelwände, im Hintergrund wird der Blick im zweiten Teil frei auf einen azurblauen mediterranen Himmel, den während der Gewittermusik vor der Schlussszene dichte Nebelschwaden verhüllen. In dieser optischen Umgebung – mit Anspielungen auf die 1960er und 70er-Jahre – entwirft Häberli das Geschehen mit lockerer Hand und fantasievoll. Er bevorzugt temporeiche Abläufe, bei komödiantischem Elan und mit geistreichen Pointen. Zudem setzt er in den Ensembleszenen Rossinis musikalische Mechanik mit Nachdruck um. Vor allem charakterisiert seine Inszenierung die Personen durchweg sehr markant. So wird der habgierige eitle Dummkopf Don Magnifico, der die gesamte Erbschaft seiner Stieftochter Angelina (Aschenputtel) verprasst hat und jetzt in seinem verwahrlosten Schloss auf reiche Heirat seiner beiden leiblichen Töchter schielt, in seiner ganzen lächerlichen Aufgeblasenheit vorgestellt. Andererseits wird auch seine Brutalität im Umgang mit Angelina gezeigt. Ebenso detailfreudige Darstellung erfahren die Streitereien und Eifersüchteleien der zänkischen Töchter Clorinda und Tisbe und die abstoßende Art, mit der sie Angelina ständig herum kommandieren und drangsalieren. Vorbild für Häberlis Ästhetik bei „La Cenerentola“ dürfte vermutlich Carlo Goldonis venezianische Charakterkomödie gewesen sein, zwischen der und Rossinis opera buffa eine direkte Verbindung besteht. Am beredtesten aber spricht für die Kaiserslauterer Inszenierung Häberlis Gespür für die Übergänge zwischen Spiel und Ernst, zwischen Heuchelei und echten Gefühlen. Ein exquisites Beispiel dafür bildet die erste Begegnung zwischen Angelina und dem Prinzen Ramiro, bei der die Regie ihrer aufkeimenden Liebe, ihren zaghaften Annäherungsversuchen zu einander, ihren Gefühlsregungen überaus einfühlsam nachspürt. Und selbst auf die Gefahr hin, dass diese Feststellung eventuell altväterlich anmuten könnte, sei bemerkt, dass es Häberlis Inszenierung hoch anzurechnen ist, dass sie nicht mit Gewalt aktualisiert, der Geschichte keine an den Haaren herbeigezogenen fremden Inhalte überstülpt und die Musik nicht an die Wand spielt. Letztere fand einen beredten Anwalt in Anton Legkii am Pult. Mit dem konzentriert und beherzt aufspielenden Pfalztheater-Orchester (besondere Anerkennung gebührt den Solobläsern) erreichte der Dirigent eine ebenso gepflegte wie impulsive Wiedergabe von Rossinis Partitur, bei stellenweise zündendem Brio. Außerdem zeigte der Dirigent ausgeprägtes Gespür für Detailfeinheiten der Dynamik, Akzentuierung und Artikulation. Für die Aufführung sprach mit Nachdruck der elementare Drive der Ensembles. Allerdings übertönte das Orchester an einigen Stellen die Sänger. Ansprechende Leistungen lassen sich auch den Solisten und dem von Johannes Köhler einstudierten Chor bescheinigen. Allen voran profilierten sich die beiden Hauptdarsteller, Anna-Katharina Tonauer (Angelina) und Daniel Kim (Don Ramiro), als feine, den Belcanto-Stil – bei optimaler Stimmqualität – überlegen beherrschende Vokalisten. Rossinis akrobatischem Ziergesang wurden beide auf brillante Weise gerecht. Kim bewältigte zudem die halsbrecherischen Höhenflüge höchst bravourös. Tonauer nahm außerdem durch delikate, expressive Mezzosopran-Töne für sich ein. Schauspielerisch virtuos, sängerisch vorzüglich gab Wieland Satter den Don Magnifico. Sehr versiert sang und spielte Richard Morrison den Diener Dandini. Exzellent Bartolomeo Stasch in der Rolle des Alidoro, des Drahtziehers der Komödie. Mit viel Spielwitz verkörperten Marie Smolka (Clorinda) und Polina Artsis (Tisbe) die Töchter des Don Ramiro. Termine —Weitere Vorstellungen am 16., 21., 24 und 27. Februar, 4., 9., 11. und 29. März —Karten: Telefon 0631/3675-209, Internet: www.pfalztheater.de

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