INterview Kinderbuchautor Thomas Mac Pfeifer: „Lehrer und Eltern müssen Hand in Hand arbeiten“

Gelernter Journalist: Thomas Mac Pfeifer.
Gelernter Journalist: Thomas Mac Pfeifer.

Wie sieht ein Verfasser von Kinderbüchern die aktuelle Situation von Jungen und Mädchen in unserer Gesellschaft? Was rät er der Politik? Was hat ihm selbst als Steppke Freude am Lesen bereit? Der 77-jährige Thomas Mac Pfeifer, einst Chefreporter einer Berliner Tageszeitung und später Chefredakteur eines großen Mietermagazins, antwortet auf Fragen von Hermann Motsch-Klein.

Hat das Kinderbuch in Zeiten von Internet und Digitalisierung noch eine Zukunft, wenn ja, warum?
Ja, hat es! Kinderbücher sind – wie alle Bücher – etwas zum Anfassen, zum Blättern, zum Schmökern, etwas ganz Persönliches, ein Geschenk von einem lieben Menschen. Ein Notebook kann dir zwar alle möglichen Bücher aufs Handy zaubern, aber der persönliche Bezug, ja, die Liebe zum Buch, kann es nicht herstellen.

Sollten Eltern ihre Kinder zu weniger Fernsehen und Surfen, dafür zu mehr Lesen, auch Zeitunglesen und Nachdenken anhalten?
Ganz klares Ja! Dabei finde ich wichtig, dass Eltern ihrer Vorbildrolle gerecht werden und statt „Mattscheibe“ öfter auch mal zum Buch greifen. Vorlesen an der Bettkante – so habe ich es bei meinem kleinen Sohn Maximilian gemacht – ist dabei ein Anfang.

Was hat Sie selbst als Kind am Lesen fasziniert, und was war Ihr Lieblingsbuch?
Mein Lieblingsbuch war die „Geschichte vom hölzernen Bengele“. Es war die deutsche Übersetzung vom italienischen Pinocchio. Ich konnte mit diesem kleinen Kerl lachen und weinen, stolz und glücklich sein aber auch traurig. Ich habe das hölzerne Bengele in mein Herz geschlossen – bis heute.

Wie kamen Sie zum Schreiben von Kinderbüchern?
Ich war mit meinem damals neunjährigen Sohn im Berliner Zoo. Wir standen vor einem Terrarium, in dem ein kleiner Frosch leben sollte: Dendrobates pumilio war sein lateinischer Name. Darunter stand: Hier wohnt der Erdbeerfrosch. Und dann sahen wir das kleine Tierchen auch. Ich habe meinem Sohn am selben Abend eine Gute- Geschichte über den Erdbeerfrosch erzählt (habe diesem den Namen des früheren Kollegen Winrich Frosch gegeben) ihm zwei Spielkameraden dazu erfunden: Hups, das kleine Känguru-Kind, das immer aus dem Beutel der Mutter fällt und diese dann ausruft: „Hups, biste wieder rausgefallen!“ Und Pup, das kleine Stinktier. Und dann kam jeden Abend eine neue Geschichte hinzu.

Wie viele Werke sind inzwischen entstanden, und welches ist das erfolgreichste?
Ich habe inzwischen zwölf Kinderbücher geschrieben, dazu kommen zwei CDs und eine DVD. Das erfolgreichste Buch ist wohl: „Ein Stern, der in dein Fenster schaut“. Darauf bin ich besonders stolz! Es ist das erste Vorlesebuch dieser Art für Flüchtlingskinder.

Es enthält Gute-Nacht-Geschichten, die von Müttern, Vätern und Kindern erzählt werden, die in den Kriegsgebieten ihre Heimat hatten. Gesammelt wurden Märchen, lustige und traurige Alltagsgeschichten aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, Afrika – erzählt in der Heimatsprache der Kinder (Arabisch, Paschto, Dari, Aramäisch, Mòoré, Französisch) und ins Deutsche und Englische übersetzt.

Ist gerade ein neues Buch in Arbeit?
Ich habe – nach einer Blitz-Idee nachts um 3 Uhr – angefangen mit einem neuen Buch. Arbeitstitel: „Ein Papagei mit einem Floh im Ohr. Lustige Zoo-Geschichten“ …

Gehen Sie wieder auf Vorlesereise?
Ich gehe das ganze Jahr über auf Vorlesereise, in Schulen, Kitas … Die deutsche Schule in Teneriffa will mich nächstes Jahr zu einer Lesung anlässlich meines Urlaubs auf der Insel einladen.

Was war Ihr lustigstes Erlebnis mit Kindern?
Ich war vor vielen Jahren in einer Schule in Langendorf bei Hammelburg. Nach meiner Lesung hatten viele Kinder (etwa 100!) den Wunsch, von mir ein Buch zu kaufen. Nach etwa zehn Minuten war ein Junge an der Reihe, der mir prompt erklärte: „Ich möchte kein Buch von Ihnen kaufen. Ich möchte Ihnen eines von meinen Büchern schenken.“ Und er gab mir ein paar Pappdeckel, bunt bemalt, zusammen getackert und mit seinem unleserlichen Namen versehen. Als „Kollegen“ schenkte ich ihm eines von meinen Büchern. Der Junge schwebte nur noch durch die Schule … Schade, dass ich nicht weiß, was aus ihm geworden ist.

Haben Sie ganz allgemein Sorgen um das Wohl der Kinder in unserer Gesellschaft heute und in Zukunft?
Man darf nicht immer nur das Negative sehen. Man muss als Erwachsener Hoffnung und Freude, Zuversicht und Toleranz vorleben und verbreiten. Ich habe vor Jahren bei einer Lesung eine neunjährige Luisa aus Jößnitz kennen gelernt. Sie war damals mein Fan und ist es heute noch. Inzwischen studiert sie in Leipzig Psychologie, und wir haben bis heute Kontakt, trafen uns neulich nach sechs Jahren zum Eis-Essen in Leipzig.

Was sollte die Politik für die Kinder tun?
Die Politik hat eine schwere Aufgabe, nämlich für das Wohl der Kinder zu sorgen. Da müssen Lehrer und Eltern zusammen Hand in Hand arbeiten – nicht gegeneinander. Und die Politik muss den Rahmen dafür schaffen: engagierte Lehrer, gute Bildungsangebote, gesundes Umfeld und alles auf dem höchsten Stand der Technik. Was aussieht wie die Quadratur des Kreises, ist in Wirklichkeit der Grundstock für ein erfolgreiches Leben unserer Kinder. Man muss es nur anpacken und nicht nur endlos darüber quatschen …

Lesezeichen

Thomas Mac Pfeifer: „Vom Schlüppermaxe zum Chefreporter“, Autobiografie; MEDU-Verlag, Dreieich; 248 Seiten, 11,99 Euro.

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