Kultur Intendant Nico Hoffmann der Wormser Festspiele im Interview
Interview: Mit Bernhard Schlink, Thomas Melle und Ferdinand Schmalz haben die Nibelungen-Festspiele Worms namhafte Autoren und Dramatiker für die kommenden Jahre verpflichtet. Wir sprachen mit Intendant Nico Hofmann über die Festspiele, eine mögliche Serienadaption des Nibelungenstoffs und die #MeToo-Debatte.
Wir wollen bewusst frühzeitig ein Signal setzen und die Avantgarde an Autoren und Regisseuren nach Worms holen. Diese Top-Acts sind oft Jahre im Voraus verplant. Und uns gibt das Planungssicherheit. Wie schwierig ist es, namhafte Theaterleute für die Wormser Festspiele zu begeistern? Es ist uns gelungen. Das zeigt mir, in welcher Liga wir inzwischen spielen. Wir erreichen ein deutlich jüngeres, kosmopolitisches Publikum. Fast alle Autoren haben 2017 die Aufführung unter der Regie von Nuran David Calis gesehen. Er steht für eine andere Generation von Theater. Die Feuilletons haben allerdings insbesondere auf den letzten Teil von Albert Ostermaiers Trilogie vergangenes Jahr eher kritisch reagiert. Zu überfrachtet und verquer, so der Tenor. Theater ist ein Hochrisikogebiet. Ich kann mit der Kritik leben, die im Übrigen durchaus auch positiv war. Zum Teil kann ich die Kritikpunkte auch nachvollziehen. Was bringt einen Bestseller-Autor wie Bernhard Schlink dazu, für die Nibelungen-Festspiele zu schreiben? Bernhard und mich verbindet eine lange Freundschaft. Ich habe mit ihm 1991 seinen ersten Roman „Selbs Justiz“ in Mannheim verfilmt, mit Hannelore Elsner und Martin Benrath. Wir sprechen bereits seit einiger Zeit über eine Zusammenarbeit bei den Nibelungen-Festspielen. Jetzt ist gerade sein Roman „Olga“ erschienen. Schlink ist also wieder frei. In den nächsten Wochen werden wir uns zusammensetzen. Nicht minder interessant ist Thomas Melle, der 2016 mit einem autobiografisch geprägten Roman über seine bipolare Störung für Furore sorgte. Melle ist derzeit extrem gefragt, er könnte überall arbeiten. Ich bin stolz, dass er sich für uns entschieden hat. Auch Ferdinand Schmalz, ein Shootingstar der Dramatikerszene, verzichtet ebenso wie Regisseurin Lilja Rupprecht zugunsten der Festspiele auf andere Angebote. Und wann wird welches Stück gezeigt? Das hängt davon ab, wann die Texte fertig sind. Feridun Zaimoglu, der Autor unseres aktuellen Stücks, war großartig schnell. Sie selbst haben vor einiger Zeit von der Idee gesprochen, den Nibelungenmythos als Serie, eine Art deutsches „Game of Thrones“, aufzuarbeiten. Wie konkret ist das inzwischen? Sehr konkret. Anfang Februar werde ich in Los Angeles Produzenten treffen, die mich auf eine Zusammenarbeit angesprochen haben. Wir reden hier von einem Serien-Projekt mit einem Budget von 50 Millionen Dollar aufwärts. Die #MeToo-Debatte ist durch die Vorwürfe gegen Dieter Wedel – ihr Vorgänger als Intendant der Nibelungen-Festspiele – in der deutschen Filmbranche angekommen. Weder die Causa Wedel noch andere Fälle sind mir bekannt. Es ist jedoch unabdingbar, dass wir das aufklären. Kann man von „System“ sprechen? Dazu muss man abwarten, ob noch mehr Fälle bekannt werden. Ich habe bei der Ufa eine Ombudsfrau eingesetzt und alle Mitarbeiter – wir sprechen von einigen Tausend – angeschrieben. Ich erwarte, dass jeder, der etwas beobachtet oder erlebt hat, das dieser Ombudsstelle schildert. Nun gab es in dem jüngsten Fall, der Wedel angelastet wird, sogar eine Meldung beim Saarländischen Rundfunk. Trotzdem wurde einfach neu besetzt und weitergedreht. Das ist eine völlig neue Dimension. Dieses Vorgehen ist absolut unentschuldbar, für die Verantwortlichen im Sender und für die in der Produktion.