Kultur Herrliches Hörspiel

Der Zyklus der großen Mozart-Opern unter dem Dirigenten Yannick Nézet-Séguin und mit dem Sänger Rolando Villazón, der seit 2011 im Festspielhaus Baden-Baden in konzertanten Aufführungen entsteht und in CD-Mitschnitten bei der Deutschen Grammophon erscheint, hat mit einer musikalisch außerordentlichen „Zauberflöte“ seine vorletzten Station erreicht.

„Die Zauberflöte“ ist eine der am meisten gespielten Opern. Dabei ist sie musikalisch sehr anspruchsvoll und selten in allen Partien optimal besetzt. Formal ist sie ein Singspiel – und da kann animierende Aktion manchmal über Defizite bei der klingenden Einstudierung hinweghelfen. Bei der dreimal gegebenen „Zauberflöte“ in Baden-Baden war das nicht möglich, weil die Aufführungen konzertant und ohne Kostüm waren. Statt der Dialoge gab es Zwischentexte mit dem bekannten Schauspieler André Eisermann, der zwar auf die Sprechpartien zurückgriff, aber auch den Inhalt erklärte und einmal aus einem Mozart-Brief zitierte. Einen optischen Akzent setzten im Bühnenhintergrund nur hübsche Zeichnungen zum Stück von Rolando Villazón. Die Tenorrolle des Tamino überließ dieser dem mit frei strömender und strahlender Stimme agierenden Klaus Florian Vogt. Villazón, seinem allerdings erheblich älteren Landsmann und Kollegen Placido Domingo folgend, wechselte ins Baritonfach und gab den Papageno. Ohne die drolligen Sprechtexte und fast nur auf die Noten konzentriert, fehlt dem Vogelfänger allerdings etwas der Pfiff. Es gelang dem Erzkomödianten Villazón trotz schönem Gesang nicht so ganz, der Rolle jenen erheiternden Effekt zu geben, den etwa Erich Kunz, Walter Berry, Hermann Prey oder Christian Boesch ihr vermittelt haben. Da nutzte die hinreißende Regula Mühlemann als Papagena ihren kurzen Auftritt ganz anders. Dass diese „Zauberflöte“ gleichwohl zu einem herrlichen Hörspiel wurde, war das Verdienst des kanadischen Maestros Yannick Nézet-Séguin. Am Pult des famosen Chamber Orchestra of Europe mit der fantastischen (Zauber-)Flötistin Clara Andrada gab er Mozarts Partitur einen Feinschliff, eine innere Lebendigkeit, feurige Brillanz und eine Klarheit in der Klangrede, die fern jeder Konvention diese wohlbekannte Musik in all ihrer Schönheit fast wie neu erleben ließ. Dazu leuchteten vokale Glanzlichter. Kultivierter, tonschöner und tief empfundener als Christiane Karg dürfte heute keine Sängerin die Pamina zu gestalten wissen. Und wer sollte prägnanter in der Diktion und zugleich sanfter im Klang den Sarastro singen als Franz-Josef Selig. Furios und funkelnd in den Koloraturen sang Albina Shagimuratova die Königin der Nacht. Mozart-Gesang vom Feinsten, bei dem jeder Ton erlesen modelliert war, boten auch Tareq Nazmi als Sprecher und Paul Schweinester als Monostatos. Auch die Trios der Damen und Knaben (drei Calwer Aurelius Sängerknaben) waren exquisit besetzt. Pünktlich zu den Baden-Badener Konzerten hat die Deutsche Grammophon die Produktion von „La Clemenza di Tito“ vom vergangenen Jahr vorgelegt. Das Ereignis ist auch hier die musikalische Gestaltung der Rolle des Sesto durch Joyce DiDonato. Zum Zyklus der sieben großen Opern Mozarts fehlt nur noch der „Idomeneo“. Wann dieser kommt, ist noch nicht bekannt, auch nicht, welche der fünf Männerrollen Villazón dann singen wird.

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