Kultur Gruselstück mit Pointen-Feuerwerk

Hochprofessionelle „Laienschar: Die Krimi-Darsteller (von links) Martin Schultz-Coulon, Jan Henning Kraus, Aglaja Stadelmann (im
Hochprofessionelle "Laienschar: Die Krimi-Darsteller (von links) Martin Schultz-Coulon, Jan Henning Kraus, Aglaja Stadelmann (im Uhrkasten), Adrienn Cunka (darunter) und Stefan Kiefer.

Komik, Klamauk und Klamotte − wenn sie gut gemacht sind − entziehen sich wertender Beurteilung. Autor, Regie und vor allem die Darsteller, denen oft ein Höchstmaß an Körperbeherrschung und -einsatz, Akkuratesse und Timing abverlangt wird, haben ihre Sache dann gut gemacht, wenn das Publikum lacht. Insofern kam die Farce „Mord auf Schloss Haversham“, die am Samstag im Pfalztheater Kaiserslautern Premiere hatte, nicht nur gut, sondern sehr gut an.

Die irrwitzige Mischung aus Slapstick, Situationskomik und schwarzem Humor ist ein Gemeinschaftswerk des jungen englischen Autoren-Trios Jonathan Sayer, Henry Shields und Henry Lewis, das im Londoner Westend das Theaterkollektiv „Mischief“ (Unfug) gegründet hat. Alle Klischees, die dies- und jenseits des Kanals als „very british“ gelten, werden irgendwann ausgespielt. Ort der Handlung ist ein abgeschiedenes Herrenhaus, „Dramatis personae“, handelnde Personen, sind eine in Liebeshändel und dekadent-träge Selbstgenügsamkeit verstrickte Sippe, ein korrupter Polizeibeamter, hemmungslose Erbschleicher und eine loyal verschwiegene Dienerschaft (Martin Schultz-Coulon als Butler Perkins), eine recht lebendiger Toter (Robin Meisner) − allesamt Figuren aus dem Typenarsenal behäbiger Kriminal- und Schauergeschichten à la Agatha Christie. Das Publikum sieht ein Stück im Stück. Was da vor- und schiefgeht, ist die glücklose Aufführung eines grimmigen Gruselkrimis durch Laien. Der „Mord auf Schloss Haversham“ wird von den Mitgliedern einer enthusiastischen, überwiegend talentfreien Studententheatertruppe auf eine Bühne gebracht, die ausschließlich aus fehlenden, schadhaften oder falsch platzierten Requisiten zu bestehen scheint. Diese Amateurhaftigkeit tritt bereits vor Beginn des Stücks zu Tage, wenn noch beim Eintreffen der (realen) Besucher an der Dekoration und am Ton (Manuel Klein als Techniker) gearbeitet wird und der (fiktive) Regisseur, der zugleich den Inspektor gibt, eingangs um Nachsicht für seine Debütinszenierung bittet. Gespielt wird dieser Regisseur-Polizist vom wunderbaren Stefan Kiefer, der seinem Albernheits-Affen kräftig Zucker gibt, indem er Wortwitz und Körpereinsatz präzise auf die Pointe genau platziert. Dasselbe gilt für Henning Kohne und Jan Henning Kraus, ebenso wie Kiefer dem Pfalztheater seit Jahren verbunden und vom Publikum vorrangig als Interpreten gebrochener, zerrissener, unbehauster, desillusionierter und gedankenschwerer Charaktere wahrgenommen. Leider haben die drei sonst nur selten Gelegenheit, wie hier ihre komischen Qualitäten auszuspielen. Denn sie sind urwüchsige Komödianten, die selbst platte Effekte nicht zu scheuen brauchen, weil sie ihre Figuren nie denunzieren und der Lächerlichkeit preisgeben, sondern sogar hinter plakativem Holzhammer-Humor so etwas wie Menschlichkeit aufblitzen lassen. Das passt zur Inszenierung des Gastregisseurs Andreas Rehschuh, der seinen Darstellern alles abverlangt, indem er das chaotische Treiben der Laienschar mit Tempo und Temperament, Verve und Vitalität in Szene setzt. Er vereint komödiantischen Elan mit klassischem Stummfilm-Slapstick einschließlich zu Bruch gehender Kulissen, „im Tode“ malträtierter Mitwirkender und einem megärenhafte Damenringen zwischen „Inspizientin“ Adrienne Cunka und dem Lauterer Neuzugang Aglaja Stadelmann. Vor wenigen Monaten inszenierte Rehschuh übrigens in Potsdam das Stück „Der nackte Wahnsinn“ von Michael Frayn, in dem es gleichfalls um ein Theaterensemble im Pech geht. Am Pfalztheater war es der Lacherfolg der Saison 2013/14. „Mord auf Schloss Haversham“ verspricht ein ähnlicher Publikumsrenner zu werden. Termine Vorstellungen am 26., 29. 1, 2., 6., 15., 22. 2., 9., 10, 3.; www.pfalztheater.de

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