Kultur Glosse Hart am Leben: Quatsch und Kiemenatmung

Nase unbeteiligt?
Nase unbeteiligt?

In der Mitte des 17. Jahrhunderts notierte Blaise Pascal sein Diktum, dass „das ganze Unglück des Menschen einzig davon kommt, nicht ruhig in einem Zimmer sitzen zu können“. Wie hellsichtig es war, zeigte sich in den Monaten, in denen die Stubenhockerei zur Zentraltugend der Ungemachvermeidung avancierte. Jetzt beginnt der ganze deprimierende Quatsch von vorne. Dass blöderweise alle anderen, alle, außer einem selbst, nicht Autofahren können – ist doch auffällig. Umfragen haben ergeben, dass so ziemlich alle und selbst Xavier Naidoo das genauso sehen – von sich aus betrachtet, versteht sich.

Die Parkhäuser in Mannheim besetzt, natürlich. In Bad Dürkheim kosten – von Aschenbrödel höchstselbst verlesen, oder was? – eine Handvoll Blaubeeren vier Euro. Jede/r will immer genau in dasselbe Geschäft wie man selbst, nur, dass sich das jetzt in einer nervigen Schlange äußert . Das heißt, die langeersehnte „Sorgstruktur“, wie Seins-Philosoph Heidegger das nannte, hat uns wieder. Endlich. Nur dass sie noch dichter gewebt erscheint.

Das Recht, sagt Immanuel Kant ist der „Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des anderen nach einem allgemeinen Gesetze der Freiheit vereinigt werden kann“. Nur schade, dass einige zynisch venunftbegabte Menschen das nicht begreifen. Und so sitzen sie dann ohne Mund-Nasenschutz im ICE, auf der Bank unter dem Bildschirm, auf dem eine Laufschrift in Permanenz die Pflicht des Tragens desselben verkündet. Zudem sind jetzt – offensichtlich – humanoide Kiemenatmer unterwegs. Wie anders ist zu verstehen, dass sie ihren Maske unterhalb der anscheinend am Atmungsvorgang unbeteiligten Nase tragen.

Wurde uns nicht von Krisenanalystinnen und Glaskugelbesitzern quasi versprochen, dass das Virus alles verändert? Zum Besseren sogar – vieles. Tja, diese Theorie ist widerlegt. Sieht man davon ab, dass ich jetzt einen Schlag bei schüchternen Frauen zu haben scheine. Gefühlt alle elf Minuten verliebt sich eine weibliche gastronomische Servicekraft in mich und will meine Telefonnummer haben. Traut sich dann aber nicht, anzurufen.

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