Corona-einschränkungen Erneuter Lockdown: Kulturbranche ist „fassungslos“

Gesperrte Plätze und moderne Lüftung – das reicht nicht aus, beschlossen gestern Bund und Länder und ordneten an, dass ab Montag
Gesperrte Plätze und moderne Lüftung – das reicht nicht aus, beschlossen gestern Bund und Länder und ordneten an, dass ab Montag auch Kinos wieder schließen müssen.

Theater, Opern, Konzerthäuser und Kinos müssen ab Montag schließen, um die weitere Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Betroffen sind auch die zunächst nicht genannten Museen. Das trifft die Kulturbranche hart.

Mehrere Kulturverbände hatten zuvor vor neuen Einschnitten gewarnt. Besonders die Kinobranche reagierte am Abend entsetzt auf die Entscheidungen. „Wir sind fassungslos“, teilte Christine Berg mit, die Vorstandsvorsitzende des Hauptverbands Deutscher Filmtheater (HDF Kino). Seit Monaten arbeiteten die Kinos mit detaillierten Sicherheitskonzepten, großen Räumen, modernen Belüftungsanlagen und einer geringeren Auslastung. Auch der Programmkinoverband sprach von einer „schmerzlichen“ Entscheidung. „Was uns traurig macht: Dass man sich nicht durchgerungen hat, bei der Kultur eine differenzierte Sichtweise zu finden“, sagte Christian Bräuer von der AG Kino – Gilde deutscher Filmkunsttheater.

„Wir sehen uns als Bauernopfer“, sagte Cineplex-Geschäftsführer Kim Ludolf Koch. Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) sprach von einer „undifferenzierten Maßnahme“: Sie würde „nicht wesentlich zur Eindämmung beitragen“, den Menschen aber die Gelegenheit für eine Auszeit aus dem Alltag nehmen. „Derartige Einschränkungen gefährden die Akzeptanz und damit die effektive Wirksamkeit der wichtigen Corona-Schutzmaßnahmen.“

Ähnlich argumentieren die Deutsche Orchestervereinigung und der Deutsche Bühnenverein. Vergeblich waren damit auch die Bemühungen der Landesverbände Pop und Jazz, die in einem Offenen Brief an das Land Rheinland-Pfalz appelliert hatten, sich gegen einen zweiten Lockdown der Veranstaltungsbranche einzusetzen. Die Verbände hatten darauf hingewiesen, dass es doch große Unterschiede zwischen Veranstaltungen privater Natur wie Hochzeiten gebe, bei denen sich Menschen ohne jede Schutzmaßnahme direkt infizieren können, und kulturellen Veranstaltungen, „die mit durchdachten Konzepten, Abstandsregeln, Lüftungsmaßnahmen und mehr für den Schutz des Publikums, der Mitarbeiter/innen und der Künstler/innen sorgen“. Die Vorsitzenden Markus Graf (Landesverband Pop) und David Maier (Jazz-Verband) warnten, dass die kulturelle Szene einen zweiten Lockdown „in ihrer Vielfalt nicht überleben“ könne.

Der Deutsche Kulturrat forderte finanzielle Kompensationen für Künstler. Der Bund hatte dazu gestern angekündigt, Umsatzausfälle bis zu 75 Prozent auszugleichen. Grundlage sei der Umsatz des Monats November 2019, diese Staatshilfe gelte auch für Soloselbstständige, betonte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder.

In Berlin haben zudem am Mittwoch rund 4000 Menschen aus der Veranstaltungsbranche für umfassendere staatliche Hilfen in der Corona-Krise demonstriert. Das Aktionsbündnis #AlarmstufeRot wollte in der Hauptstadt auf die prekäre Lage der Branche aufmerksam machen. rhp

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