Trostgedicht Ein Loblied auf die Kraft der Musik

Machte das Gedicht berühmt: Franz Schubert.
Machte das Gedicht berühmt: Franz Schubert.

Vielleicht der Mutmacher schlechthin, Hölderlins Zeilen aus seiner Hymne „Patmos“: „Wo aber Gefahr ist, wächst/ Das Rettende auch.“ Wer will nicht daran glauben, jetzt gerade? Dass Lyrik Hoffnung geben kann? Es ist jedenfalls der Gedanke hinter einer Serie mit Trostgedichten, von RHEINPFALZ-Journalisten und Kulturschaffenden ausgewählt.

Du holde Kunst, in wieviel grauen Stunden,

Wo mich des Lebens wilder Kreis umstrickt,

Hast du mein Herz zu warmer Lieb' entzunden,

Hast mich in eine bessre Welt entrückt!

Oft hat ein Seufzer, deiner Harf' entflossen,

Ein süßer, heiliger Akkord von dir

Den Himmel bessrer Zeiten mir erschlossen,

Du holde Kunst, ich danke dir dafür!

Franz von Schober hat diese acht Verse geschrieben, und man darf vielleicht davon ausgehen, dass wir, wäre das Gedicht nicht vertont worden, uns heute nicht mehr an den Dichter erinnern würden, dem ein für das 18. und 19. Jahrhundert unfassbar langes Leben beschieden war: Er wurde 1796 in der Nähe von Malmö in Schweden geboren und starb 1892 in Dresden. Franz von Schober war als Dichter, Librettist und Schauspieler tätig, und er hatte während seiner Zeit in Wien, wo er nach dem Tod seines Vaters nicht nur das Gymnasium besuchte, sondern ab 1815 auch ein Philosophiestudium begann, einen Freund, dem zwar ein viel, viel kürzeres Leben beschieden war, der aber dennoch Musikgeschichte geschrieben hat: Franz Schubert.

Schubert vertonte das Gedicht 1817 für Solostimme und Klavier, gedruckt wurde es 1827, ein Jahr vor Schuberts Tod. Und es ist bei diesen acht Versen ähnlich wie bei den Zyklen „Die schöne Müllerin“ und „Winterreise“: Es ist die Musik Schuberts, die Ausdeutung des Textes nicht nur in der Singstimme, sondern vielleicht sogar noch viel mehr im Klavier, die aus den Texten große Kunst macht. Was nicht heißen soll, dass von Schober mit seiner Liebeserklärung an die „holde Kunst“ der Musik kein Gedicht gelungen wäre, das nicht auch seinen sprachlich-ästhetischen Eigenwert besitzen würde. Aber zum Trostgedicht wird es erst durch die Musik. Und wie sehr passt es eben auch in diese Zeit.

Musik steht für Lebensfreude, Lebensmut

Menschen singen aus den Fenstern, musizieren von Balkonen, in Italien, Spanien, in Frankreich und Deutschland. Menschen tanzen weit voneinander entfernt, also im staatlich verordneten Sicherheitsabstand. Einfach, um sich Mut zu machen, um sich zu trösten. Um sich letztlich auch zu vergewissern: Ja, wir leben noch.

Die Musik, sei es Klassik, Pop, Rock, Jazz oder was auch immer, die wir derzeit leider nicht in Konzerten, in Clubs, auf Partys erleben dürfen, sie begleitet uns dennoch durch diese dunklen, diese schweren, so völlig ungewohnten Zeiten. Sie steht für Lebensfreude, für Lebensmut, vielleicht auch für Durchhaltevermögen. Hilft uns geduldig zu sein, auszuharren. Zu hoffen – auf bessere Zeiten. Oder in den Worten von Franz von Schober: „Oft hat ein Seufzer, deiner harf’ entflossen,/ Ein süßer, heiliger Akkord von dir/ Den Himmel bessrer Zeiten mir erschlossen,/ Du holde Kunst, ich danke dir dafür!“

Ein Tipp: die Aufnahme mit Fritz Wunderlich aus Kusel

Ja, man darf durchaus dankbar sein, wenn man zu Hause sitzen kann, mit einer Tasse Tee, einem Glas Wein in der Hand, und Lieder wie dieses von Schubert hören kann. Oder eben eine andere Musik, zu der es einen hinzieht. Wer aber Schuberts „An die Musik“ hören möchte, dem sei noch ein Interpret ans Herz gelegt, für den man in der Pfalz natürlich keine Werbung machen muss: Der in Kusel geborene und leider auch viel zu früh verstorbene Fritz Wunderlich. Seine Interpretation des Liedes setzt Maßstäbe, bis heute. Und nach dem Hören des nicht einmal drei Minuten langen Liedes ist man getröstet und ermutigt zugleich. Versprochen!

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