Elsass und Pfalz Das Festival „Rheinischer Frühling“ feiert Jubiläum
Wenn ein Festival den Lenz im Namen führt, so ist immer wieder aufs Neue Erblühendes schon fast so etwas wie Programm. Das grenzüberschreitende Musikfestival „Rheinischer Frühling“ schafft diesen Regenerationsprozess seit mittlerweile 25 Jahren. Und es scheint mit jedem neuen schöpferischen Erwachen die Region links des europäischen Stroms, in der geografischen Spanne zwischen Worms und Mulhouse, ungebrochen nachhaltig mit musikalischen Frischzellen zu beleben – in aller Regel von Mitte März bis in den Juni. Zehn Konzerte sind es in diesem Jahr.
Eine deutsch-französische Liaison also, die jetzt sozusagen Silberhochzeit feiert und deren kreative Keimzelle in einer persönlichen Freundschaft zweier Europa-affiner Kulturenthusiasten wurzelt: Hans Oskar Koch, bis zu seinem Ruhestand Leiter der Abteilung Musik und Kultur beim SWR Mainz, und Philippe Pfisterer, ehemals Direktor beim CDMC – die Abkürzung für Conseil Départemental pour la Musique et la Culture de Haute Alsace – im früheren Département Haut-Rhin.
„Wir haben uns 1999 umgeschaut in dieser so spannenden Kulturlandschaft im Dunstkreis des Rheins, der Wasserader zwischen Alpen und Norddeutschem Flachland; nicht Trennlinie, sondern Brücke zwischen Paris hie und Metropolen wie München oder Wien da“, erinnert sich Hans Oskar Koch. „Und unsere Institutionen haben mitgezogen.“ Nach fünf auf Anhieb erfolgreichen Festivalstaffeln war klar: Es sollte weitergehen, auch nach der Verabschiedung der Protagonisten in den Ruhestand, und es musste auf finanziell tragfähige Füße gestellt werden. So gründeten die beiden Pioniere 2004 den gemeinnützigen „Verein zur Förderung grenzüberschreitender musikalischer Veranstaltungen Elsass-Pfalz“, der seither federführend als Veranstalter firmiert und in dem sich auch Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur engagieren. Derzeitiger Vorsitzender ist Hans-Jürgen Seimetz, Präsident der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd. Dass die finanzielle Seite ein stetiger Balance-Akt im permanenten Werben um Sponsorengelder und Mitgliederzulauf bleibt, Kreativität und Improvisationsgeschick da oft strapaziert werden, daraus macht Hans Oskar Koch keinen Hehl. Aber zum Glück sei die Treue der Unterstützer gerade in den ländlichen Orten ebenso außergewöhnlich wie der Stab hochengagierten Ehrenamtler.
Das Festival wandert. Es bespielt nicht die Metropolen, sondern geht gezielt „aufs Land“; in pittoreske Gemeinden mit ansprechenden Veranstaltungsräumen, landschaftlicher Besonderheit oder einem außergewöhnlichen Instrument, wie diesmal am 5. Mai die Protestantische Kirche Kallstadt mit ihrer schmucken Geib-Orgel.
Dirmstein, Weisenheim am Sand und Maxdorf sind ebenfalls im Tournee-Lauf dabei – und jenseits der Grenze, die keine mehr ist: Ruelisheim, Merxheim, Ostheim und das wunderbare Marmoutier. Dazwischen, in Scheibenhardt/Scheibenhard, hüben wie drüben, trifft man sich passenderweise zum Wandelkonzert.
Hinsichtlich der Formate, Genres und Epochen operiert man ebenfalls barrierefrei. Da bewegen sich die Programme munter zwischen Renaissance und Avantgarde, Hildegard von Bingen, Bach, Gershwin und Tom Jones. Mittlerweiler schöpft das Festival aus einem sich stetig erweiternden Pool internationaler Interpretinnen und Interpreten. Und hat dabei auch den künstlerischen Nachwuchs fest im Blick. Junge Ensembles mit eigenem Profil, Solistinnen und Solisten, die schon einigermaßen sattelfest im überregionalen Wettbewerb angekommen sind, steuern frischen Wind bei und sind zudem Garanten des bislang exzellenten Niveaus.
„Allein die Region ist ja reich an aufstrebenden Talenten, denen man nur zu gerne ein Podium bereitet“. bekräftigt Koch, der Macher. Vielfach habe man in der Vergangenheit junge Musikschaffende aus der Pfalz und dem Elsass zusammenbringen können. Daraus seien oft bleibende musikalische Partnerschaften erwachsen.
Und damit erfolgt postwendend der Schwenk zum elementarsten Anliegen des Festivals, das Koch ganz dezidiert in der Kooperation beider Nachbarländer verortet sieht: „Die vielbeschworene deutsch-französische Freundschaft, Keimzelle des europäischen Gedankens, ist vielfach zu einer Art selbstverständlichen Gewohnheit geronnen. Aber auch sie braucht ja aufmerksame Pflege. Und wo ließe sich das nachdrücklicher, tätiger, unmittelbarer und unaufgeregter bedienen als im Kontext von Kunst und Kultur? Das waren – auch in härtesten Krisenzeiten - immer die belastbasten Währungen“, so Kochs engagiertes Plädoyer.
Termin
- Das nächste Konzert: Samstag, 6. April, 19 Uhr, in der Protestantischen Kirche Weisenheim am Sand, die Brass Band Colmar spielt Glenn Miller, Tom Jones und anderes
- Das gesamte Programm: www.rheinischer-fruehling.de