Kultur Brillanz der Technik

Eine Fotoarbeit von Günter Schad.
Eine Fotoarbeit von Günter Schad.

Es ist eine regelrechte Foto-Orgie. Die Pirmasenser Fototage überrollen an neun Ausstellungsorten in der ganzen Stadt die Betrachter mit dem, was die Fotografie im digitalen Zeitalter zu bieten hat. Mehr als 700 Fotos von dutzenden Fotografen aus ganz Europa. Sie zeigen vor allem eins: die Brillanz der Technik. Landschaften sind bis in den entferntesten Bildzipfel ultrascharf. Die Farben leuchten in einer Stärke, wie sie die Natur nur in den seltensten Momenten hervorbringen kann. Luftaufnahmen, die vor Jahren noch eine Seltenheit waren, sind nun dank der Drohnentechnik zum Standard geworden. Mit Ausnahme der aktuellen Krisengebiete waren die europäischen Fotografen weltweit unterwegs und haben in Indien, Australien, den USA oder Südamerika offenbar alles fotografiert, was möglich war. Zum fünften Mal veranstaltet die Stadt Pirmasens die Fototage, und immer noch ist deren Macher der Pirmasenser Fotograf Harald Kröher. Viel Naturfotografie ist zu sehen. Spektakuläre Landschaften haben die Fotografen eingefangen und mit technischen Tricks wie HDR und Photoshop zu Bildern verarbeitet, die so in der Natur nicht zu sehen sind. Das gleiche gilt für die Fotos von Menschen. Frauen werden die Brüste und andere Geschlechtsteile wegretuschiert, um auf die Genderdiskussion anzuspielen. Gleich daneben ist eine Fotoreportage über Ladyboys in Thailand zu sehen, die sich per Operation zu Lustobjekten machen ließen. Sozialkritische Aspekte kommen bei den Fototagen neben den technischen Finessen auch zu Wort. Im früheren Rheinberger-Fabrikkomplex zeigt der Belgier Gael Turine eine Serie Schwarzweißfotos über die 3200 Kilometer lange Mauer zwischen Indien und Bangladesh. Eine Serie, die sehr nachdenklich stimmt, aber nur für einen Moment, da die Kuratoren direkt daneben Bilder platziert haben, die grellbunte Frauen in halbnackter Pose zeigen sowie Motorsportimpressionen. Die Hauptausstellung in der Alten Post besteht aus den 71 besten Fotos eines Wettbewerbs, bei dem weltweit Laien und Profis über 183.000 Bilder eingereicht haben sollen. Der Gang durch die Ausstellung zeigt ein Destillat dessen, was in der ganzen Welt mit Handys und Spiegelreflexkameras festgehalten wird. Die Fototage wirken, als ob jemand für den Bruchteil einer Sekunde die Schleusen des Internets geöffnet hat, um einen winzigen Ausschnitt der dortigen Bilderflut auf Aluminium zu drucken und hübsch arrangiert aufzuhängen. Dazwischen finden sich aber auch wenige Analogfotografen. In einer Sonderausstellung zeigt die Pirmasenser Galerie Jean Michel Aufnahmen des Franzosen Antoine Poupel, der jahrelang hinter den Kulissen des Nachtclubs „Crazy Horse“ fotografiert hat. Nicht nur wegen der Motive wirken die Aufnahmen wie ein Relikt aus einer anderen Welt. Info Pirmasenser Fototage, bis 5. November. Alle Öffnungszeiten unter www.fototage-pirmasens.de.

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