Kunst 4, 34 Millionen Euro für Gemälde von Georges de la Tour

Spitzenpreis für ein Meisterwerk: „Mädchen, das in ein Kohlebecken bläst“ von Georges de la Tour.
Spitzenpreis für ein Meisterwerk: »Mädchen, das in ein Kohlebecken bläst« von Georges de la Tour.

Eines der teuersten Kunstwerke, das jemals bei einer deutschen Auktion den Besitzer gewechselt hat, stammt von einem Maler aus Lothringen: Für 4,34 Millionen Euro ersteigerte bei Lempertz in Köln ein bislang unbekannter Käufer das „Mädchen, in ein Kohlebecken blasend“ (La Fillette au Brasier) von Georges de la Tour.

Das Millionengemälde hing über dem Kamin im Salon des Unternehmers Hinrich Bischoff, Gründer der Fluggesellschaft Germania, Geschäftsführer der Hapag Loyd und passionierter Kunstsammler. Zusammen mit 21 weiteren Altmeistern aus dem Erbe des 2005 verstorbenen Bischoff kam das Spätwerk von Georges de la Tour am 8. Dezember bei Lempertz in Köln zur Versteigerung.

Wohin das wohl zwischen 1646 und 1648 entstandene Bild nun gelangen wird, ist derzeit noch unbekannt. 2002 hatte es sein damaliger Besitzer Hinrich Bischoff einmal eigenhändig nach Lothringen zurückgebracht: nach Vic-sur-Seille, östlich von Nancy und nördlich von Lunéville im Saulnois, dem lothringischen Salzland, gelegen, wo Georges de la Tour 1593 als Sohn eines Bäckermeisters das Licht der Welt erblickt hatte. Der Anlass: eine Ausstellung zur Eröffnung eines dem großen Sohn des kleinen Städtchens gewidmeten Museums.

Ölbild unterm Flugzeugsitz

Dessen Gründungsdirektor Gabriel Diss ist heute Vorsitzender des Vereins der Museumsfreunde und erinnert sich in der über die Auktion im fernen Köln berichtende Tageszeitung „Républicain Lorrain“ noch an die hemdsärmelige Art des deutschen Kunstfreundes, der das kostbare, 76 mal 55 Zentimeter große Gemälde „im Kofferraum seines Autos und unter dem Flugzeugsitz“ transportierte: „Den Versicherern ist damals der Angstschweiß ausgebrochen.“

Für einen kleinen Moment hat der Museumsdirektor im Ruhestand natürlich davon geträumt, dass das in die Kohlenglut blasende Mädchen auf Dauer nach Lothringen zurückkehren könnte. So wie ein „Johannes, der Täufer in der Wüste“, den das Département Moselle 1994 mit staatlicher Unterstützung für sein zukünftiges Museum erworben hatte. Aber Diss kennt auch die Preise des Kunstmarkts. Die meisten der nur rund 48 bekannten Werke des in vieler Hinsicht rätselhaften Malers de la Tour sind zudem ohnehin im Besitz von Museen. Der Unternehmer und Kunstexperte Bischoff hatte das Bild 1975 auf einer Auktion bei Christie’s in London für 17.850 Pfund erworben, von 1976 bis 1980 war es dann als Leihgabe in der Bremer Kunsthalle zu sehen.

Geheimnisvolles Licht

Gemälde des lange Zeit in Vergessenheit geratenen und erst im 20. Jahrhundert als einer der ganz Großen der Kunstgeschichte anerkannten Lothringers gehören heute zu den Glanzstücken aller großen Museen der Welt, vom Louvre in Paris über Berlin bis nach New York und Los Angeles. Erst kürzlich waren es insbesondere seine sogenannten Nachtstücke, Bilder, auf denen eine Kerze oder andere einzelne, manchmal auch nur indirekte Lichtquellen eine geheimnisvolle Hell-Dunkel-Wirkung erzielen, und die zuletzt trotz Corona-Beschränkungen die Besucher in eine Latour-Ausstellung nach Mailand lockten. Ihr Titel: „L’Europa della luce“, das Europa des Lichts.

Eine einzigartige Magie des Lichts entfaltet sich gerade auf den „Nachtstücken“ des Meisters, trotz oder vielleicht gerade wegen der im Grunde schlichten Motive. Da kann eine Kerze das Dunkel erhellen wie bei einer „Magdalena mit Nachlicht“, ein glimmende Lampe („Junge mit Lampe“), oder wie bei der „Fillette au brasier“ die Glut der Kohle in einer Feuerschale die Szene gerade nur so beleuchten, dass das herabgebeugte Profil des Mädchens schemenhaft erkennbar wird.

Rückkehr nach Lothringen?

Das „Mädchen, in ein Kohlebecken blasend“ war das letzte der „Nachtstücke“ aus seiner späten Schaffensphase, das sich noch in privater Hand befand. Vielleicht zeigt sich, hofft Gabriel Diss in Vic-sur-Seille, sein jetziger Besitzer – dem Vernehmen nach ein Museum – ebenso großzügig wie Bischoff und lässt die Fillette noch einmal in die Heimat ihres Schöpfers reisen.

Dieser war, obwohl er einige Zeit seines Lebens als Hofmaler von Louis XIII. in Paris lebte, nach Lothringen zurückgekehrt und am 30. Januar 1652 in Lunéville gestorben.

Beliebtes Weihnachtsmotiv, auch wenn nicht eindeutig klar ist, um wen es sich beim „ Neugeborenen“ handelt. Das Bild aus Rennes,
Beliebtes Weihnachtsmotiv, auch wenn nicht eindeutig klar ist, um wen es sich beim » Neugeborenen« handelt. Das Bild aus Rennes, hier 2016 in Madrid.
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