Kunstgalerie Wunderbare Welt: Suppe statt Champagner

Künstler Dennis Meseg und sein Helfer Christopher Goebel stehen hinter einem großen Suppentopf in einer Galerie in Bonn.
Künstler Dennis Meseg und sein Helfer Christopher Goebel stehen hinter einem großen Suppentopf in einer Galerie in Bonn.

Kunstgalerien sind oft elitäre Orte für Gutbetuchte. In einem bewussten Bruch damit hat der Künstler Dennis Meseg eine Galerie in Bonn zu einer „Armenküche“ umfunktioniert.

Der bärtige Mann, der sich gerade mit einem Becher Suppe und einem Apfel eingedeckt hat, ist schon auf dem Weg nach draußen, als er sich noch einmal umdreht. „Ihr müsstet für immer bleiben“, sagt er leise zu Dennis Josef Meseg. Hinter den Männern köchelt ein großer Suppentopf auf einer Warmhalteplatte. Meseg lächelt. Das werde sich wohl leider nicht machen lassen, antwortet er. Die Galeristin, in deren Räumen er derzeit zu Gast sei, wolle schließlich irgendwann wieder Geld verdienen.

Jeden Abend von 17 bis 20 Uhr reicht der 43-jährige Aktionskünstler und Bildhauer in der Update Gallery in der Bonner Südstadt Biosuppe an Bedürftige aus. Die Jahreszeit ist ideal dafür: Januar und Februar, wenn die Tage kurz sind und die Nächte bitterkalt sein können. Und Weihnachten nur noch eine ferne Erinnerung ist.

Die Galeristin habe anfangs ein wenig überrascht reagiert, sagt Meseg. Dann habe sie die Idee aber auch gut gefunden. Ein Anwohner dagegen mobilisierte Gewerbeaufsicht und Ordnungsamt. Andere steuerten dagegen voller Begeisterung Obst oder Geldspenden bei. Insgesamt sei die Aufnahme sehr positiv, sagt Meseg.

Galerie-Besucher sind in der Regel Besserverdienende, die in Kunst investieren, oft auch zu edlen Vernissagen eingeladen werden. „Genau das wollte ich austauschen“, sagt Meseg. „Die Reichen und den Champagner raus, die Armen und die Suppe rein.“ Er mietet die Galerie zum Unkostenpreis. „Es ist komplett eigenfinanziert aus anderen Projekten“, sagt er. Der Künstler ist als junger Mensch früh zu Hause ausgezogen und hat in der Folge selbst eine Zeit lang auf der Straße gelebt. Deshalb hat die Aktion auch etwas mit seiner eigenen Biografie zu tun, sagt er.

Anfangs fanden nur wenige den Weg in die kleine Galerie, doch am fünften Tag herrschte plötzlich reger Betrieb. „Da haben wir bis abends 20 Liter rausgegeben“, erzählt Meseg. Die Besucher haben teilweise Probleme mit Alkohol und Drogen. Es sind Flüchtlinge darunter, die kaum oder kein Deutsch sprechen, Obdachlose, aber auch „normale“ Berufstätige, die in der Nähe eine Wohnung haben.

Eine Frau mittleren Alters erzählte, dass sie und ihr Partner mit den gestiegenen Nebenkosten nicht mehr zurechtkommen: „Strom, Gas, Wasser, Lebensmittel – es ist alles so teuer geworden, dass wir gerne auf Angebote wie hier zurückgreifen.“ Manche sagen erst, sie seien nur aus Neugier gekommen – aber dann löffeln sie doch dankbar die Suppe.

Eine Frage, die auch schon gestellt wurde: Darf man Bedürftige für eine Kunstaktion benutzen? Besucher Olaf zuckt mit den Schultern. „Ich hab' echt super wenig Knete. Ich stelle mich gerne als Kunstobjekt zur Verfügung.“

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