Kolumnen Online-Kolumne: Deus ex machina

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Die Geschirrspülmaschine ist kaputt. Fehler 78, manchmal auch 79, schwerer Fall, „da kann man nichts machen“, sagt der Experte vom hiesigen Elektro-Laden, „wenn es nur 78 wäre könnte man es vielleicht reparieren, aber wenn noch 79 dazukommt, ist Feierabend.“ Das ist natürlich in allen Punkten nachvollziehbar, Fehler 78 UND 79, so kann es nicht weitergehen. Wir müssen uns trennen, eine neue muss her, dabei ist die alte erst sieben Jahre alt. Und doch: Die Fehlerquote ist nicht tolerierbar, das vorher wie nachher dreckige Geschirr auch nicht.

Wie auf dem Campingplatz

Da könnte man ja gleich von Hand spülen. Machen wir auch, da das mit der neuen Maschine ein wenig Zeit in Anspruch nimmt und Bambusgeschirr zum umweltfreundlichen Wegwerfen auf die Dauer zu teuer ist. Anfangs lachten wir noch, „hey, das ist ja wie beim Camping“, nur dass man vorher nicht erst mit der Plastikschüssel (gibt’s vielleicht jetzt auch in Bambus) voll schmieriger Teller und Outdoortassen mit eingetrockneten Kaffeerückständen vom Morgen zu einem fragwürdigen Becken im öffentlichen Spülraum flip-floppen muss. Immer liegen Salatreste und/oder grobe Zwiebelstücke vom Spüler vornedran in diesen Becken, und das ist zu Hause ganz genauso. Auf dem Campingplatz bietet der Anblick wenigstens Gelegenheit, auf andere Platzbenutzer zu schimpfen, die allesamt null Ahnung haben, wie ein solches Gemeinschaftsbecken zu hinterlassen ist. Und man kann sich später damit brüsten, es als einziger richtig gemacht zu haben. Zu Hause bleibt dieser Triumph aus, und man kriegt stattdessen voll den Hass auf Fehler 78. Und auf Fehler 79 auch.

Eine kleine Anerkennung

Fantasiefehler sind das nicht, das dachte ich zuerst, aber es stimmt nicht. Ja, ja, 79 Fehler für eine Maschine, wer’s glaubt… Tatsächlich hat die Miele 91 mögliche Fehler, die auftreten können, das ist leicht gegoogelt. Ganz schön viel Störungspotenzial. Und wenn ich hier schon ölige Pfannen mit der rauen Schwämmchenseite bearbeiten muss, kann ich ja mal drüber nachdenken, wie das so ist mit den Maschinen, denn wenn sie funktionieren, macht man das ja nicht, da benutzt man sie einfach. Was ihnen nicht ganz gerecht wird vor dem Hintergrund, wie viel unangenehme Arbeit sie einem dann doch abnehmen. Gut, sie sind weder schnell eingeschnappt noch nachtragend, aber eine kleine Anerkennung ab und zu könnte vielleicht nicht schaden. Aber mit was macht man einer Geschirrspülmaschine eine Freude? Bisschen Wodka in den Klarspüler mischen? Bei der alten hat es keinen Zweck mehr, bei der neuen wär’s einen Versuch wert.

Weder Bock noch Leinenhaube

Und dann ist da ja auch noch die Waschmaschine. Die schafft auch viel und kriegt es selten gedankt. Die kriegt auch was, genau, ich sprühe ihr ein bisschen Parfüm in die Weichspülkammer, das mag sie bestimmt. Und geht bitte, bitte hoffentlich nicht kaputt. Geschirr von Hand spülen ist eine Sache, Wäsche waschen eine ganz andere. Mit Leinenhaube auf dem Kopf am Waschbrett stehen und schrubbeln bis zur Sehnenscheidenentzündung mag auf Mittelaltermärkten angehen, bei uns zu Hause im Keller möchte ich das nicht. Ich habe auch gar keine Leinenhaube. Und kein Waschbrett. Und keinen Bock. Ich sprühe mal noch ein bisschen Parfüm nach. Schön ganz bleiben, gell? Und ich kaufe auch nicht mehr den billigen Entkalker, versprochen.

Fehler 11

So, auf geht’s zur nächsten Runde Geschirr spülen. Was für ein selten dämlicher Halbaffe hat denn da schon wieder Wurstzipfel und Zwiebelbrocken im Siphon zurückgelassen?! Ach so, das war ja ich. Wahrscheinlich Fehler 11, der verursacht Fremdkörper im Wasserablauf. Kann man aber reparieren, ich muss nicht ausgetauscht werden. Manchmal hat man auch Glück.

Die Autorin

Sigrid Sebald (50) ist seit 2000 RHEINPFALZ-Redakteurin in Zweibrücken, wo sie mit Mann und Tochter auch lebt. Über die Beiträge für die „Zweibrücker Rundschau“ hinaus schreibt sie regelmäßig in der RHEINPFALZ-Sommererzählreihe sowie Weihnachtsgeschichten.

Die Kolumne

Christine Kamm und Sigrid Sebald schreiben abwechselnd in der Online-Kolumne „Ich sehe das ganz anders“ über die großen und kleinen Überraschungen sowie Absurditäten des Alltags. Hier finden Sie alle anderen Kolumnen.

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