Kolumnen Nach Corona wird alles anders sein

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Oder werden wir davon so lange getrieben, dass wir eines Tages zurückschauen und sagen: Vorher war alles anders? Bevor das Tod bringende Virus begonnen hat, seine Kreise über den Globus zu ziehen, haben wir im Schlaraffenland gelebt – und es gar nicht gemerkt. Es war alles im Überfluss vorhanden und verfügbar im Geht-nicht-gibt“s-nicht-Land. Nun schüttelt es alle durch. Und unsere Freiheiten sind eingeschränkt auf eine Art und Weise wie wir es uns eigentlich nur in undemokratischen Gesellschaftsformen vorstellen können oder in Büchern von George Orwell. Oh, my god.

Was bleibt als letzter Rückzugsort: die Nacht. Wenn wir schlafen, brauchen wir keine Maske, dürfen niesen und husten (igiiittt!) wie wir möchten und außerdem können wir mit unseren eigenen Flügeln nach Paris, London, Tokio oder Montevideo fliegen. In Träumen genießen wir Narrenfreiheit. Grenzen sind keine Hindernisse. Wir können Helden sein – oder ängstlich und klein. Gerade jetzt im kollektiven Würgegriff eines Dings, das unsichtbar ist, müsste das doch die beste Medizin sein. Entspannung an traumhaften Stränden oder in einer Hütte im Wald in einer Menschentraube mit einem vollen Dubbeglas in der Hand hinter geschlossenen Lidern. Im Traum gibt es auch keinen Blütenstaub, der in der Nase kitzelt und uns (igiiittt) niesen lässt.

Abends mit Schlafmaske ins Bett

Doch immer mehr Menschen haben ernsthafte Schlafprobleme. Wer aufgrund anatomischer Gegebenheiten (Apnoe) zu wenig Sauerstoff aufnimmt – der bekommt eine Schlafmaske. Und ist damit in der Nacht so dumm dran wie am Tag beim Einkaufen. Die anderen sind überlastet – das geht schnell, wenn Homeoffice und Heimschule überraschenderweise in den eigenen vier Wänden fließend (von Tränen fließen) ineinander übergehen - und/oder in einen Teufelskreis gelangt, aus dem unglaublich schwer wieder rauszukommen ist. Sie können nur noch einschlafen, wenn nebenher der Fernseher läuft oder Tablet und Handy in Reichweite bleiben. Die einen lassen die Kiste dann weiterflimmern und machen sie aus, wenn sie irgendwann wieder wach werden. Die, die vom Fernbedienung suchen im Dämmerzustand immer wach werden, lösen das Problem mit dem Timer. Keine Hände mehr zu schütteln und in die Armbeuge zu husten, das ist ganz schnell zur allgemeinen Gepflogenheit geworden. Aber wenn es ums Einschlafen geht, dann kommen wir ans Eingemachte. Und da geht herzlich wenig. Paare schlafen deshalb getrennt – der Glotzer im einen, der Nicht-Glotzer im anderen Zimmer. Weil es keinen gemeinsamen Nenner gibt.

Das Corona-Dilemma: Wer zurzeit weniger oder gar nicht arbeitet, hat nun auch Sorgen, weil das Konto in die Knie geht. Und deshalb kann die private Mehrzeit nur schwer in ausreichenden Schlaf (gut fürs Immunsystem, sagen die Virologen, oder wie heißen noch mal die Leute, die das Land regieren?) umgemünzt werden. Probleme gehören zu den klassischen Einschlafbremsen.

Sternschnuppen willkommen

Wer die Gunst der Stunde nutzen will, fängt vielleicht damit an, ein Gerät aus dem Schlafzimmer zu verbannen, das uns nachts, wenn wir dann endlich in den Federn versinken, kontrolliert: die Uhr, die uns am nächsten Tag sagt, wie lange wir geschlafen haben, wie lange die Tiefschlafphase und so weiter war. Dann haben wir schon mal eine Sorge weniger, wenn wir schlecht geschlafen haben. Wir hätten es ohne das Ding am Handgelenk vielleicht gar nicht gemerkt. Es reicht doch schon, wenn die Kaffeemaschine morgens gleich was will: Wassertank füllen!

In diesen Nächten sind – ein Tipp für freiwillige und unfreiwillige Nachtschwärmer – übrigens mit etwas Glück und auch mit dem bloßen Auge Sternschnuppen zu sehen. Aus deren Perspektive sieht die Erde seit Corona aus wie vor Corona. Hier unten – liebe Schnuppen – ist aber nichts mehr wie es war. Deshalb seid ihr willkommen: Wir wünschen uns von euch unseren Alltag (war nicht so schlimm, ehrlich!) und unsere Freiheit zurück. Die Virologen haben alle so akkurat gebügelte Hemden an, die können sicher viel, aber leider nicht zaubern.

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