Kolumne Beleidigte Leberwurst? Ukrainischer Botschafter twittert RHEINPFALZ-Artikel
„Eine beleidigte Leberwurst zu spielen, klingt nicht sehr staatsmännisch.“ Mit diesem Satz reagierte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, am Dienstag nicht so wirklich diplomatisch auf die Erklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz, vorerst nicht nach Kiew zu reisen. Der Grund für Scholz’ Entscheidung: Die Ukraine hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zuvor von seinem geplanten Ukraine-Besuch ausgeladen. „Das steht der Sache im Weg“, sagte Scholz am Montag in der ZDF-Sendung „Was nun?“. „Das kann man nicht machen.“
„Olaf Scholz ist keine Wurst“
Die Reaktionen auf den Leberwurst-Vergleich folgten natürlich prompt. In den sozialen Medien hagelte es Kritik für den Botschafter, den „undiplomatischen Diplomaten“, den „Lobbyist“ und seine „Frechheit“, „Dreistigkeit, „Unverschämtheit“. Politiker sprangen Scholz angesichts des Affronts bei. „Olaf Scholz ist keine Wurst, er ist der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland“, verteidigte ihn etwa der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki. Selbst aus der Ukraine kamen kritische Töne: Wladimir Klitschko schrieb auf Twitter, die „undiplomatischen Äußerungen“ Melnyks hätten Öl ins Feuer gegossen.
Klar, auch die RHEINPFALZ hat sich dem Leberwurst-Vergleich gewidmet. „Der Umgang mit dem deutschen Staatsoberhaupt ist wenig konstruktiv, um es zurückhaltend zu formulieren", kommentiert etwa unser Berlin-Korrespondent Winfried Folz. "Dass in diesem Zusammenhang der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk den Bundeskanzler eine ’beleidigte Leberwurst’ nennt, zeigt, dass Melnyk jedes Maß verloren hat und der Ukraine einen Bärendienst erweist“.
Pfälzer Perspektive: Kann eine Leberwurst beleidigt sein?
Nun gibt es da noch eine zweite Dimension, die uns Pfälzer beschäftigt, wenn die vermeintlich beleidigte Leberwurst die große Bühne der Weltpolitik betritt: Kann eine Leberwurst beleidigt sein? Oder anders gefragt: Kann ein Pfälzer beim Anblick einer Leberwurst je beleidigt sein? Über diese Fragen hat sich RHEINPFALZ-Redakteur Falk Reimer mit einem Pfälzer Metzgermeister unterhalten.
Botschafter Andrij Melnyk beobachtet die mediale Reaktionen auf seine Leberwurst-Äußerung wohl recht genau – jedenfalls teilte er am Mittwoch auf Twitter einen Bericht der RHEINPFALZ. Für welchen er sich entschieden hat? Nein, natürlich nicht für den kritischen Kommentar. Mit dem Vermerk „Ich mag #Leberwurst“ ziert nun das Gesicht von Metzgermeister Walter Adam aus dem südpfälzischen Herxheim die Tweets-Liste des Botschafters. In der Hand hält Adam eine Stange voller Leberwurst-Ringe, über dem Bild prang die Überschrift: „Pfälzer können nicht beleidigt sein.“
Die RHEINPFALZ freut’s – es ist ein interessanter Artikel, in dem es übrigens um mehr geht als nur die beleidigte Leberwurst. Von der Twitter-Gemeinschaft aber erntet der Botschafter vor allem noch mehr harte Worte und Unverständnis. Dafür, dass er die öffentliche Kritik an seiner undiplomatischen Wortwahl offenbar nicht ernst nehme – und anscheinend vergesse, dass in der Ukraine gerade Menschen sterben. "Sie sind wohl auch noch stolz über ihre verbale Entgleisung als ukrainischer 'Diplomat'?", schreibt ein Twitter-Nutzer in den Kommentaren. Und ein anderer: „Sie sind schon sehr peinlich.“