AUSFLUGSTIPP Kurztrip nach Trippstadt

Idyllische Adelskulisse: das spätbarocke Schloss der Freiherren von Hacke, von der Parkseite aus gesehen.
Idyllische Adelskulisse: das spätbarocke Schloss der Freiherren von Hacke, von der Parkseite aus gesehen.

Hier ist schon Ludwig I. gegangen. Am 9. August des Jahres 1862 spazierte der pfalzbegeisterte Bayernkönig durch das Karlstal bei Trippstadt, zusammen mit seiner Königlichen Hoheit, Großherzog Ludwig III. von Hessen und bei Rhein, sowie ihrer Kaiserlichen Hoheit, der Erzherzogin Hildegard von Österreich. Dessen vergewissert uns eine gusseiserne Gedenktafel, die in einen der großen, grün bemoosten Sandsteinblöcke eingelassen ist, die wie vergessenes Riesenspielzeug in der von der Moosalb durchplätscherten Schlucht herumliegen.

Natur trifft Landschaftsarchitektur

Was damals den erlauchten Besuch in diesen doch recht abgelegenen Winkel des Pfälzerwaldes lockte und auch heute noch, vor allem an Sonntagen, Scharen von Ausflüglern anzieht, war und ist nicht allein ein Werk der Natur. Es brauchte den künstlerischen, dabei dezenten Eingriff des Landschaftsarchitekten, um aus dem Karlstal ein begehbares Naturschauspiel für Flaneure zu machen. Und mit Friedrich Ludwig von Sckell (1750–1823) war hier gegen Ende des 18. Jahrhunderts sogar einer der wichtigsten Gartenkünstler seiner Zeit am Werk. Sckell hatte auf einer Reise durch England die dortigen Landschaftsgärten kennengelernt und etablierte sodann die neue Mode, die dem Park den Anschein einer natürlichen Landschaft verleiht, auch in Deutschland. Zu Sckells wichtigsten Schöpfungen gehören die Landschaftsteile des Schwetzinger Schlossparks mit ihren künstlichen Ruinen sowie der Englische Garten in München. Ein Auftrag des Freiherrn Karl Theodor von Hacke lotste Sckell um 1790 nach Trippstadt. Dort sollte der Gartenbaumeister den Park um das freiherrliche Schloss erweitern und umgestalten. Dabei wurde dann offenbar auch die etwa zwei Kilometer entfernte Karlstalschlucht in die Konzeption mit einbezogen.

Vom Schloss in die Schlucht

Von ein paar alten Baumriesen mal abgesehen, scheint sich im Schlossgarten selbst nicht allzu viel von Sckells Gestaltungsideen erhalten zu haben. Idyllisch ist der frei zugängliche Park trotzdem. Im zentralen Buchsbaum-Rondell sprudelt eine Brunnenschale, zwei Eibensäulen flankieren den Blick auf das spätbarocke, in den Jahren 1766/67 vollendete Sandsteinschloss der Freiherrn von Hacke, in dem heute die Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft residiert. Wer von hier aus in die Karlstalschlucht will, tritt einfach aus der kleinen Pforte in der Schlossgartenmauer, passiert ein paar Viehweiden und steigt dann über einen Wanderweg, unter dem die alte Pflasterung zum Vorschein kommt, hinab ins Kaltenborner Tal. Von hier aus geht es gleich wieder aufwärts zum Wilensteiner Hof und weiter zur Burgruine Wilenstein. Weil das teilweise ausgebaute Gemäuer heute als Schullandheim und Jugendfreizeitstätte dient, sind die noch vorhandenen baulichen Reste des 12. bis 15. Jahrhunderts nur eingeschränkt zu betrachten. Deshalb lassen wir die Burg mehr oder weniger links liegen, gehen weiter bergab, queren die L 500, kommen an der Klug’schen Mühle vorbei und erreichen über den „Mittelhammer“ – hier wurden schon vor dem Dreißigjährigen Krieg Eisenkleinteile geschmiedet – schließlich das Karlstal.

Wildromantisch, aber mit Anmut

Dort spazieren wir wie weiland der Bayernkönig, jener Infrastruktur folgend, die Sckell einst auf etwa einem Kilometer Länge in der natürlich entstandenen Schlucht arrangierte. Immer wieder überqueren wir auf hölzernen Stegen die mal mehr, mal weniger rauschende Moosalbe. Der Weg schlängelt sich im steten Wechsel bald am linken, bald am rechten Ufer des Baches entlang, und so variiert auch beständig unsere Perspektive auf das Wasser, das Tal und die Hänge, auf denen schlanke Buchenstämme zwischen den großen Sandsteinklötzen wurzeln, die hier vor Urzeiten in die Schlucht kullerten. Ein hölzerner Pavillon, dessen Moosdach optisch mit dem Grün des Laubwaldes verschmilzt, lädt zu Rast und verweilender Betrachtung ein. Der hier geschaffene Parcours erweitert das wildromantische Moment um den Aspekt der Anmut – so mochte es die aufgeklärte Goethe-Zeit.

Auf den Spuren einer Sage

Wer einem der Treppenwege folgt, die hier und da auf die aufsteigenden Flanken der Schlucht führen, entdeckt mit etwas Glück jene höhlenartige Einsiedelei, in der einst ein Klausner gelebt haben soll. Darin steht ein schlichtes Steinkreuz auf geborstener Basis. Den Text darauf wiederholt die gusseiserne Tafel daneben. Wer sich die Mühe macht, die Paarreime zu entziffern, lernt mehr über die nähere Bewandtnis. Demnach erinnert das Kreuz an einen tragischen Liebestod, der im Zusammenhang mit Burg Wilenstein steht: „Zu Aschbach izund gleich im Grab ruth Rittersbraut bei Hirtenknab“. Die entsprechende Legende vom unglückseligen „Fräulein von Wilenstein“ und ihrem schönen Hirtenjüngling findet sich in Friedrich Wilhelm Hebels Sammlung Pfälzischer Sagen (s. unten). So entpuppt sich auch die „Einsiedelei“ letztlich als Teil eines gestalterischen Gesamtkonzepts, das den Spaziergang durch die Natur zum romantischen und intellektuellen Erlebnis machen wollte. Etwas Schauermär inklusive.

Die Sage: Das Fräulein von Wilenstein

„Nicht weit von dem freundlichen Dorfe Trippstadt liegen am rechten Ufer der Moosalb die Ruinen der Doppelburg Wilenstein-Flörsheim. Als dieselbe noch bewohnt war, verdingte sich einst ein ungemein schöner Jüngling in seiner Nähe als Schäfer. Dessen Schönheit und edles Wesen machten ihn alsbald bemerklich, so dass alles von ihm redete. Da drang der Ruf von dem rätselhaften Hirten auch zur Tochter des Ritters von Flörsheim auf Wilenstein, und sie ward begierig, ihn zu sehen. Der Zufall wollte es, dass sie beim Blumensuchen den anmutigen Schäferjüngling fand, der bei seiner Herde im Grase schlief. Wie der nun erwachte, entfloh die schüchterne Jungfrau; doch trug sie sein Bild fortan im Herzen. Und als sie ihn nach kurzer Zeit wiederum traf, wechselten die beiden freundliche Worte. Täglich war sie nun auf dem Erker des Schlosses, wenn er seine Herde vorbeitrieb, und erwiderte seinen Gruß. Alle Bewerber, deren gar viele auf Wilenstein erschienen, wurden abgewiesen, obgleich sie den Grund geheim hielt. Als aber ein mächtiger Ritter Siegebert um ihre Hand warb, drang der Vater auf Zusage, und die folgsame Tochter schwankte schon. Nur noch einmal wollte sie von ihrem Erker den Schäfer sehen. Der aber kam nicht mehr. Bangen Herzens eilte sie an den Ort, wo er gewöhnlich weidete, und traf einen andern. Und sie hörte von ihm, wie dem schönen Hirten das Herz vor Gram gebrochen und dass er im kühlen Grabe schlummere. Leichenblass und wankend suchte sie bei einem Klausner Trost. Aber auf dem Rückwege fiel die vor Schreck noch halb Betäubte von einem Stege ins Wasser und ertrank ...“

(aus: F.W. Hebel, Pfälzische Sagen)

INFO

Trippstadt: Schlosspark und Karlstal sind frei zugänglich. Weitere Attraktionen: Amseldelle, Eisenhüttenmuseum, Eisenhüttenweg. Wandertouren auf www.trippstadt.de

Stege und Wege: Das durch Landschaftsarchitektur erschlossene Karlstal lockt vor allem sonntags die Ausflügler an.
Stege und Wege: Das durch Landschaftsarchitektur erschlossene Karlstal lockt vor allem sonntags die Ausflügler an.
Plätschernde „Lebensader“ der Schlucht: die Moosalbe.
Plätschernde »Lebensader« der Schlucht: die Moosalbe.
Royaler Ausflug: Im August 1862 besuchte Bayernkönig Ludwig I. bereits zum zweiten Mal das Karlstal bei Trippstadt.
Royaler Ausflug: Im August 1862 besuchte Bayernkönig Ludwig I. bereits zum zweiten Mal das Karlstal bei Trippstadt.
Mittelalter-Kulisse: Burgruine Wilenstein, hier der Flörsheimer Teil der Doppelburg, deren vorderer Abschnitt heute als Schullan
Mittelalter-Kulisse: Burgruine Wilenstein, hier der Flörsheimer Teil der Doppelburg, deren vorderer Abschnitt heute als Schullandheim dient.
Ein Kreuz für „Rittersbraut und Hirtenknab“: Die höhlenartige „Einsiedelei“ birgt Verweise auf eine alte romantische Sage.
Ein Kreuz für »Rittersbraut und Hirtenknab«: Die höhlenartige »Einsiedelei« birgt Verweise auf eine alte romantische Sage.
Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x