Ausflug Entspannung an sieben Weihern der Erdekaut bei Hettenleidelheim

Links in der Ferne eine Picknick-Gruppe, rechts ein Angler, ansonsten Ruhe: Erdekaut-Impression.
Links in der Ferne eine Picknick-Gruppe, rechts ein Angler, ansonsten Ruhe: Erdekaut-Impression.

„Hier ist es schön!“ ruft der Mann auf dem Fahrrad der Frau auf dem Fahrrad zu, als sie vorbeihuschen. Ich habe mich auf der Bank am Weiher neben der Grube Riegelstein niedergelassen, vor mir auf dem Wasser kreisrunde Seerosenblätter, zwischen denen sich die Sonne auf dem Wasser spiegelt und mir die Augen kitzelt. Um mich: wunderbare Ruhe, ein vielstimmiges Vogelkonzert und herrliche satte Farben, die die Sonne des frühen Abends zaubert. Eine Gans erscheint, hüpft ins Wasser, lässt sich beobachten, sucht aber das Weite, als ich aufstehe, um sie ohne den störenden Aussichtssteg zu fotografieren. Später wird sie geduldig mit ihrer ganzen Familie ausharren, bis ich sie in zweifellos hübscherer Umgebung abgelichtet habe.

Vom Bergbau zum Erlebnis

Ich bin in der Erdekaut zwischen Hettenleidelheim und Eisenberg, genauer in jenem Teil östlich der Bundesstraße 47, der 2008 für viel Geld zur „Erlebnislandschaft Erdekaut“ umgestaltet wurde. Es handelt sich um eine Bergbaufolgelandschaft. Vor zweihundert Jahren war das Gelände normales Ackerland. Nur hier und dort gruben die Ackerbesitzer ab und zu ein Loch und holten eine Wagenladung der wertvollen, hochgradig feuerfesten Tonerde heraus, aus der feuerfeste Tiegel für Glasbläser und besseres Geschirr hergestellt wurden.

Erdegräber erschlagen

Das Tonflöz liegt hinter der Hettenleidelheimer Kirche sehr dicht unter der Erde, ist aber nur dünn. Richtung Eisenberg fällt es auf über 50 Meter Tiefe ab, wird dort aber wesentlich mächtiger. Spätestens seit dem Jahr 1767 – damals gehörten alle Bodenschätze nicht dem Grundstückseigner, sondern dem Landesherren – gab es auf Hettenleidelheimer Seite eine bischöflich-wormsische Erdengrube. Sie hatte bereits einen senkrechten Schacht unbekannter Tiefe und davon abzweigende waagerechte Abbaustrecken, in welchem 1788 der Erdegräber Heinrich Mittrücker – der Nachname ist bis heute im Ort verbreitet – von einem niederbrechenden Tonbrocken lahm geschlagen wurde. Wir wissen das aus einem Schreiben, in dem damals „sämtliche Unterthanen zu Hetten-Leidelheim“ erfolgreich bei der Hochfürstlichen bischöflich-wormsischen Hofkammer eine Rente für den Bedauernswerten beantragten.

Auf Boom folgt Krise

Mit der Französischen Revolution gingen die Bergbaurechte auf die Grundstückseigentümer über, in der Folge lieferten die Bauern bei Bedarf Tonerde. Zu boomen begann dieses Metier, als Eisenbahn, Industrie und Militär immer mehr Eisen brauchten und dazu feuerfeste Steine und Rohrleitungen zu seiner Verhüttung und Verarbeitung brauchten. Um 1900 gab es über 100 kleinste, kleine und größere Gruben, vier Fabriken in Hettenleidelheim, Eisenberg und Grünstadt erzeugten feuerfeste Chamottesteine. Noch nach dem Zweiten Weltkrieg waren viele hundert Erdgräber und Fabrikarbeiter beschäftigt, dann brachte in den 1960er Jahren die Stahlkrise raschen Niedergang. Der Didier-Konzern machte eine Fabrik nach der anderen zu, die letzte Tiefgrube schloss als Nachzügler vor kurzem. Mittlerweile war die Abbau in moderner Weise in riesigen Tagebaugruben wiederaufgenommen worden.

Amphibien unter Artenschutz

Das Kerngebiet war zu Hochzeiten des Abbaus eine baum- und strauchlose Wüstenei, in der sich aber, als sie mehr und mehr sich selbst überlassen wurde, Gräser, Kräuter, Bäume und Sträucher in großer Vielfalt niederließen. Zugvögel, die sich sonst in Deutschland kaum beobachten lassen, machten Rast, und es zeigten sich Libellen- und Amphibienarten, die unter Artenschutz stehen, weil sie vom Aussterben bedroht sind. Nachgewiesen wurden 16 Orchideenarten (heute sind es wesentlich weniger), dazu Plattbauchlibelle, Kammmolch, Erdkröte und Gelbbauchunke sowie Wendehals, Eisvogel und Zwergrohrdommel. Wegen dieses Naturreichtums in der ehemaligen Kulturlandschaft wurden 64 Hektar der Erdekaut 1985 unter Landschaftsschutz gestellt, was größere menschliche Eingriffe verbot.

Umgestaltung zum Naturschutz

Trotzdem wurden sie notwendig, weil das Ökosystem der Erdekaut rasch entstanden und nicht stabil war. Die immer höher und dichter wachsenden Bäume hätten unweigerlich irgendwann das lichtbedürftige Leben am Boden unterdrückt. Insofern war das Ziel der Umgestaltung zur Erlebnislandschaft die Offenhaltung der Landschaft, um die sich seither Schafe und anderes Weidevieh verdient machen. Viel pittoresker Baumwuchs musste weichen. Zwischen den sieben Weihern wurden Spazierwege trassiert, in die Gewässer begehbare Bühnen gestellt, die wegen mangelnder Stabilität später wieder weichen mussten. Die trüben Weiher sind ehemalige Tagbaulöcher, in denen sich immer noch Ton im Wasser löst. Die klaren Weiher sind vollgelaufene Bodensenkungen über eingebrochenen unterirdischen Abbaustollen. Längs der Straße führt der Weg erhöht auf einen alten Abbaurand, der einen guten Überblick gewährt. Unten liegt die ehemalige, bis 1996 betriebene Tongrube, die zum kleinen Bergbaumuseum umgebaut wurde. Mehr erfährt man in coronafreier Zeit im Hettenleidelheimer Heimatmuseum.

Geduldig: Federvieh am Weiherrand.
Geduldig: Federvieh am Weiherrand.
Modernisiert: die Museumsgrube, Herz der Erlebnislandschaft.
Modernisiert: die Museumsgrube, Herz der Erlebnislandschaft.
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