Elmsteiner Tal Im Mini-Burgenland: Drei-Burgen-Weg bei Erfenstein

Burgruine Spangenberg
Die Burg als Kompaktmodell: Schildmauer und Palas von Spangenberg. Im Hintergrund der Bergfried von Neu-Erfenstein.

Während des Mittelalters muss die Strecke, die durch das Elmsteiner Tal nach Kaiserslautern führt, nicht ganz so marginal gewesen sein, wie sie dem Bewohner metropolregionaler Gefilde heute erscheinen mag. Wie sonst ließe es sich erklären, dass jeder größere Feudalherr des Umlandes hier in steinerner Form Präsenz zeigen wollte?

Den Grafen von Leiningen gehörte Burg Erfenstein, dem Bischof von Speyer Burg Spangenberg, der Kurpfalz Burg Elmstein, den Grafen von Sponheim Burg Breitenstein. Wobei der Besitzanspruch der letzteren juristisch nicht unumstritten war. Pompöse Residenzen waren diese Burgen alle nicht, sondern kleine Machtsignale, Wachtpöstchen, die man mit niederadeligen Vasallen besetzte. Dieses engmaschige Koordinatensystem längst vergangener Politik versetzt den Ausflügler der Gegenwart in die glückliche Lage, gleich drei dieser Kleinstburgen auf einem Rundweg von nur sieben Kilometern Länge erwandern zu können. Genau genommen sind es sogar fünf Ruinen, aber dazu später mehr.

Spangenberg auf Sandsteinklippe

Los geht’s auf dem Parkplatz unterhalb der Burg Spangenberg, direkt neben der Hauptstraße in Erfenstein. Ein stilisierter Turm – unschwer erkennt man darin den zwergigen Bergfried von Burg Erfenstein – weist den Weg: erst über den Speyerbach, dann über Gleise, über die jenseits pandemischer Wirrungen das Kuckucksbähnel dampft, und weiter bergauf. Nach nur wenigen Minuten ragt über dem Kopf des Wanderers jener Felssporn kantig in den Himmel, dem Burg Spangenberg vermutlich ihren Namen verdankt. An die Nordostflanke dieser Buntsandsteinklippe schließt sich die Unterburg an. Die dortige Burgschänke, vor 40 Jahren auf alten Gebäuderesten neu errichtet, ist seit Beginn der Corona-Pandemie geschlossen. Infolgedessen bleibt auch der Rest der Burg verriegelt, leider. Spangenbergs Ruinen von außen zu betrachten, lohnt sich dennoch. Auffällig ist die separate, quasi frei stehende Schildmauer, mit der man den Wohnbau auf dem Felssporn zur Angriffsseite hin beschirmte. Einen Bergfried gab es nicht, stattdessen war die bergseitige Front des Palas ebenfalls zu einer Schildmauer verdickt. Was noch an originaler Architektur zu sehen ist, mutet gotisch an und stammt wohl großteils aus dem 14. Jahrhundert.

Burgruine Spangenberg
Auf der Sandsteinklippe: Burgruine Spangenberg.

Vom jüdischen Burgherrn zum „Stutgarten“

Zwei Bewandtnisse aus den Annalen der Burg sind besonders bemerkenswert: 1385 wurde ein Speyerer Jude namens Kaufmann auf sechs Jahre mit Spangenberg belehnt. Ein für das mittelalterliche Feudalwesen absolut exzeptioneller Vorgang, aus dem man schließen muss, dass sich das Bistum Speyer damals in akuter Geldnot befand. Eine weitere originelle Wendung nahm Spangenbergs Geschichte zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Statt die Burg für teuer Geld feuerwaffensicher auszubauen, wandelte man die militärisch bedeutungslos gewordene Anlage in ein Gestüt um. Dieses bot von 1505 bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) „Stutmeistern“ und Pferdeknechten Quartier. Der dazugehörige „Stutgarten“ südwestlich der Burg ist die nächste Station unserer Wanderung. Hier und da ragen zwischen Baumstämmen noch Steinpfeiler empor; sie zeigen an, wo ehedem die Umzäunung der Pferdekoppel verlief. Eine Quelle, deren steinerne Einfassung die Jahreszahl 1579 trägt, diente als Pferdetränke.

Burgruine Breitenstein
Mit Wehrgang-Rest: Schildmauer von Nieder-Breitenstein.

Die zwei Burgen Breitenstein

Nach diesen Zeugnissen frühneuzeitlicher Pferdezucht geht es wieder talwärts. Beim Forsthaus Breitenstein, wo man sich, wenn nicht Corona wäre, aufwärmen und stärken könnte, passieren wir die Landstraße nach Elmstein, halten uns beim Parkplatz links und gehen wieder bergauf. Statt dem geschotterten Forstweg zu folgen, kürzen wir über eine Serpentine ab und stehen, schwuppdich, in den Ruinen der Burg Breitenstein. Wobei man besser von den Burgen Breitenstein sprechen würde, denn es gibt zwei baulich voneinander geschiedene Anlagen, zwischen denen der zuvor verschmähte Forstweg verläuft. Wir starten mit dem jüngeren und tiefer gelegenen Teil, dem bereits in einer Urkunde von 1340 so benannten Nieder-Breitenstein. Sein Wahrzeichen ist die schmale Schildmauer, an die sich, vergleichbar mit Spangenberg, ein Wohnbau anschloss. Dass diese Schildmauer einen vorkragenden Wehrgang trug, der auf Konsolsteinen fußte, kann nur derjenige entdecken, der wagemutig genug ist, über eine eher provisorisch anmutende Holzleiter den Oberburgfelsen zu erklimmen.

Breitenstein
Mit Fernblick: Wandersmann auf Ober-Breitenstein.

Areal für Hobby-Archäologen

Von der höher gelegenen, älteren Burg Ober-Breitenstein, die sich ihrerseits nochmals in eine Ober- und Unterburg gliederte, sind nur Grundmauern erhalten. Auf der zentralen Felsplattform entdeckt man Reste eines Bergfrieds und Fundamente eines Rundturms. Manches scheint hier noch unter Schutt begraben zu liegen, das Areal reizt den Hobby-Archäologen. Anlass zu Mutmaßungen gibt auch die Frage, warum Nieder-Breitensteins wehrhaftester Teil, nämlich die Schildmauer, ausgerechnet gegen Ober-Breitenstein gekehrt ist: Gab es vielleicht Zwist zwischen verschiedenen Eigentümern? Oder war die Mauer als Schutzschirm gedacht, falls die obere Burg zuerst in Feindeshand fiel?

Burgruine Erfenstein
Klein, aber originell platziert: der Bergfried von Neu-Erfenstein.

Zwei Türme, eine Sage

Ohne das Rätsel lösen zu können, setzen wir unseren Weg fort: ein Stück zurück, den Burgberg hinab und jenseits des Parkplatzes an der L 499 entlang in nordöstlicher Richtung zu den Burgen Erfenstein. Auch hier gab es zwei räumlich separate Anlagen, Alt- und Neu-Erfenstein. Was davon keck ins Tal grüßt, ist der kleine Bergfried der sonst weitgehend verschwundenen neuen Burg Erfenstein. Der zehn Meter hohe Turm steht – kurios anzusehen – einsam auf einer Felsplatte, die moderne Stützmauern braucht, und wirkt so zierlich, dass man ihn glatt für eine romantische Erfindung des 19. Jahrhundert halten könnte. Von Alt-Erfenstein, etwas höher am Berghang gelegen und bereits um 1190 gegründet, sichtet man noch den Halsgraben und, auf schmalem Felsgrat, Buckelquader-Fundamente eines weiteren Bergfrieds. Da ja eine alte Mär (s. unten) erzählt, dass die Burgen Erfenstein und Spangenberg ehedem durch eine Lederbrücke verbunden waren, stellt sich nun die Frage, an welchem der beiden Erfensteiner Bergfriede diese Brücke wohl befestigt war. Mit derlei sagenhaften Gedanken im Kopf geht’s zurück zum Ausgangspunkt.

Burgruine Alt-Erfenstein
Schwer zu finden: Bergfriedreste auf Alt-Erfenstein.

 

Die Sage von der ledernen Brücke

Zwei Ritter, der eine wohnte auf Burg Spangenberg, der andere auf Burg Erfenstein, waren gute Freunde. Gerne plauschten und zechten sie miteinander. Um sich schneller und bequemer treffen zu können, spannten sie eine Brücke aus Leder von Burg zu Burg, quer über das Tal. Bei einem ihrer Gelage aber gerieten sie, alkoholisiert, in Streit. Der Spangenberger, in dessen Burg man weilte, griff zum Schwert. Der Erfensteiner eilte, um seine Waffe zu holen, zurück zu seiner Burg. Doch als er in der Mitte der ledernen Brücke war, schnitt der Spangenberger die Halteriemen durch, und der Erfensteiner stürzte in den Tod ...

 

Wegweiser

Drei-Burgen-Weg, Länge: 7 km, Dauer: ca. 2,5 Stunden, Start in Erfenstein (Gemeinde Esthal), www.tourenplaner-rheinland-pfalz.de. Die Burgen Breitenstein und Erfenstein sind frei zugänglich, Infos Burg Spangenberg: www.burg-spangenberg.de. Längere Wanderung (ca. 14 km): nach Burg Breitenstein dem grün-blauen Balken folgen, am Breitenbach entlang zur Wolfsschluchthütte, mit dem grün-weißen Balken nach Esthal und von dort mit dem weiß-grünen oder weiß-roten Balken nach Erfenstein.

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