Rheinpfalz Pfälzer Luise und die Welt im Wandel

Chawwerusch: Luise und die Großstädter.
Chawwerusch: Luise und die Großstädter.

„Kleine Frau - was nun?“ heißt die diesjährige Sommer-Freilicht-Produktion des Herxheimer Chawwerusch-Theaters, die vom Hambacher Schloss aus ab 7. Juni durch die Pfalz und die angrenzenden Regionen tourt.

Der Titel erinnert an Hans Falladas Erfolgsroman „Kleiner Mann, was nun? “ – nicht ganz von ungefähr. Entlehnt hat Autor Walter Menzlaw das Grundmotiv: ein junger, auf dem Land beheimateter Mensch sieht sich gezwungen, in der größten, der unheimeligsten aller Großstädte, in Berlin, eine neue Existenz aufzubauen. Bei Fallada spielt das in der Weltwirtschaftskrise 1929/39, bei Menzlaw zehn Jahre früher, 1919. Damals wurde vom Weimarer Nationaltheater aus ein demokratisch verfasstes Deutschland auf den Weg geschickt, ein zartes Pflänzchen, das alsbald im Dornengestrüpp des Nationalsozialismus zugrundegehen sollte. Davon wusste man in der pfälzischen Kleinstadt indes wenig. Luise (Miriam Grimm) wartet dort vergeblich darauf, dass ihr Verlobter aus dem Weltkrieg heimkommt, und ihre Mutter sagt: „Was verstehen wir Frauen schon von Politik?“. Kaiser und König sind vertrieben, die Pfalz französisch besetzt. Das allein schon verhindert, dass alles so wird wie früher, wie alle sich das wünschen.

Geschichtliches Lehrstück

Luise verheddert sich in eine Rangelei mit einem französischen Soldaten und gerät in solche Panik, dass sie nach Berlin entweicht, zu Tante Berta (Felix S. Felix). Diese Tante ist keine wirkliche Tante, sondern eher eine entfernte Bekannte. Berta schwärmt zwar gern von der Pfalz, ist aber in Berlin längst in ihrem Element, macht florierende Geschäfte und zeigt Luise, wo’s langgeht – ohne dass sie für all das einen Mann bräuchte. Luise hat im Nu eine Arbeitsstelle, lernt die Errungenschaft des Achtstundentags kennen und schätzen und hat daher Zeit, sich all den verwirrenden Eindrücken der Großstadt auszusetzen. Mit ihr – Walter Menzlaw bekennt sich zu Bertolt Brechts Epischem Theater und seinen didaktischen Absichten – lernt das Publikum in typischen Figuren die Weimarer Republik kennen: in Paula, die in flammenden Reden für die Gleichberechtigung der Frau kämpft, oder in Willi, der für Pazifismus und Basisdemokratie eintritt, den aber alle Friedensliebe nicht davor bewahrt, brutal zusammengeschlagen zu werden. So lernt Luise, dass sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen, sich auch politisch positionieren muss. Die Musik mit Anklängen an Stummfilmbegleitung und Varieté stammt von dem Pianisten Dmitrij Koscheew, das kubistische Bühnenbild entwarf Franziska Smolarek, Regie führt der Autor Walter Menzlaw.


Info

Premiere: Do 7.6. , 20 Uhr, Neustadt, Hambacher Schloss, dort außerdem: Fr/Sa 8./9.6., 20 Uhr, So 10.6., 19 Uhr. Fr 15.6., 18.30 Uhr, Klingenmünster, Pfalzklinikum, Hof. Sa 16.6., 20 Uhr, Steinweiler, am Rathaus. So 1.7., 19 Uhr, Dahn, Burg Altdahn. Karten und Info: www.chawwerusch.de. 

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