Rheinpfalz Trauer-Variationen: Wilhelm Lehmbruck in Stuttgart

Depressive Jünglingsgestalt: „Der Gestürzte“.
Depressive Jünglingsgestalt: »Der Gestürzte«.

Mit seinen überschlanken, melancholisch introvertierten oder depressiv niedergebeugten Gestalten schuf Wilhelm Lehmbruck, der am 25. März 1919 mit 38 Jahren freiwillig aus dem Leben schied, einen essenziellen Beitrag zur Bildhauerei der Moderne.

Anfangs von der in-sich-ruhenden Klassizität eines Aristide Maillol beeinflusst, wurden Lehmbrucks Figuren nach 1911 expressiver. Wobei der Bildhauer diese Ausdruckssteigerung gerade nicht durch wilde Gestik oder bewegtere Oberflächenbehandlung erzielte, sondern durch eine manierierte, die einzelnen Glieder auffällig längende Körperauffassung. In dieser Hinsicht besteht eine Parallele zu den ausgemergelten Jünglingsgestalten des belgischen Jugendstil-Bildhauers George Minne. Während jedoch letzterer mit traditionellen Materialien wie Marmor und Bronze auskam, verwendete Lehmbruck, offenbar wegen der damit zu erzielenden spröderen Optik, gerne den Stein- oder Betonguss. Einen hervorragenden Überblick darüber, wie Lehmbruck seine Gestalten in Zeichnungen vorbereitete und hernach in verschiedenen Materialien und Zuständen „durchspielte“, vermittelt die Staatsgalerie Stuttgart anhand von 33 Plastiken und 75 Grafiken des Bildhauers. Lehmbrucks „Große Stehende“ von 1910 zum Beispiel sieht man hier in diversen Reduktionen, als Bronzetorso und als Steinguss-Büste. Andere Figuren wie der „Torso der Schreitenden“ oder der „Emporsteigende Jüngling“ treten als Variationen in Gips, Terrakotta und Kunststein in Erscheinung. Und den „Gestürzten“ (1915), dieses stille Sinnbild der Verzweiflung, gibt es nicht nur in Stein gegossen, sondern auch als grafische Vorstudie zu entdecken.


Info

Wilhelm Lehmbruck: »Variation und Vollendung« – bis 24.2., Stuttgart, Staatsgalerie (Barth-Flügel und Grafikkabinett), Konrad-Adenauer-Str. 30, geöffnet: Di-So 10-18 Uhr (Do bis 20 Uhr); Katalog: 24,90 Euro; www.staatsgalerie.de.

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