Rheinpfalz Horst, der »Sehfahrer«: Hamanns frühe Bilder in Mannheim

Eisenbahn à la Hamann: Altiplano, Peru, 1985.
Eisenbahn à la Hamann: Altiplano, Peru, 1985.

Bei Horst Hamann denkt man an schwarz-weiße Stadtansichten im extremen Hochformat.

An ebenso frappierende wie kalendertaugliche vertikale Ausschnitte aus den Häusermeeren von New York City oder Paris, an schwindelerregende Vogelperspektiven auf Wolkenkratzer oder an extreme Untersichten auf urbane Denkmäler. Freilich war der 1958 in Mannheim geborene Fotograf nicht von Anfang an auf schwarz-weiße „Verticals“ abonniert. Es gab sozusagen einen Hamann vor Hamann. Aus dessen frühen „Sehfahrten“ speist sich die aktuelle Ausstellung des Mannheimer Kunstvereins.

Selten typische Touristenblicke

Die hier gezeigten Farbfotografien entstanden im Zeitraum von 1975 bis 1997 zum größten Teil auf Reisen. Wobei sich Hamann als veritabler Globetrotter erweist, der nicht nur die USA intensiv bereiste, sondern auch Südamerika durchstreifte, Tansania besuchte und durch italienische Städte flanierte. Dabei fällt auf, dass es nur selten der typische Touristenblick war, mit dem der reisende Mannheimer auf Motivjagd ging. Mehr als irgendwelche Sehenswürdigkeiten interessierten den „Sehfahrer“ beiläufige Situationen oder banale, dabei aber witzige, manchmal auch prekäre Konstellationen: Hier ist es die Ruine eines Strandlokals in San Remo, die mit dem Emblem „Kursaal“ verblüfft, dort irritiert das Zusammentreffen eines älteren Passanten mit einem Hakenkreuz-Graffiti vor einer Hauswand in New Orleans.

Von ikonischer Qualität

Auch wenn diese Farbbilder alles in allem noch nicht so artifiziell sind wie Hamanns Vertikalaufnahmen – manche haben dennoch bereits ikonische Qualität. Das gilt zum Beispiel für die Fotografie eines Zugs im Nirgendwo der peruanischen Hochebene: Für menschliche Technik, die sich ihren Weg durch tiefste Ödnis bahnt, hat man hier ein stimmungsvolles Sinnbild. Und auch Hamanns Vorliebe für extreme Perspektiven wird in diesen „Sehfahrten“ bereits erkennbar. Am leuchtend blauen Himmel über Las Vegas fokussierte der Fotograf neben einem Zeppelin Zeichen und Schilder, sodass eine Art geometrisch-abstrakter Komposition entstand. Für die Moskauer Metro wählte er eine strenge Zentralperspektive, in deren Zentrum eine einzelne Frau die Kamera fixiert, während alle anderen Menschen in Bewegungsunschärfe über die Rolltreppen fluten. Und das Chrysler Building fotografierte Hamann 1997 von oben herab, als würde er wie ein Vogel darüber kreisen. Hier sind wir schon bei den „New York Verticals“, die Hamann berühmt machten.


Info

Horst Hamann: »Sehfahrten« – bis 1.4., Mannheim, Kunstverein, Augustaanlage 58, geöffnet: Di-So 12-17 Uhr; Katalog: 19 Euro; Künstlergespräch: Mi 28.2. um 19 Uhr; www.mannheimer-kunstverein.de.

Lust am Zufälligen und Banalen: ein Musiker in Harlem, 1980.
Lust am Zufälligen und Banalen: ein Musiker in Harlem, 1980.
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