Rheinpfalz Die noblen Matronen: Franz von Lenbach in Schwetzingen

Pralles Spätwerk: Julia Virginia Scheuermann verewigte Lenbach 1903 als barbusige Bacchantin.
Pralles Spätwerk: Julia Virginia Scheuermann verewigte Lenbach 1903 als barbusige Bacchantin.

Würde seine ehemalige Münchner Villa heutzutage nicht eine der wichtigsten Sammlungen zum „Blauen Reiter“ beherbergen – Franz von Lenbach wäre dem Gedächtnis des breiten Publikums wohl noch gründlicher entschwunden, als er es ohnehin schon ist.

Zu Lebzeiten aber war der 1836 geborene, 1904 gestorbene Künstler berühmt, vor allem als Bildnismaler der oberen Zehntausend. Egal, ob Kaiser Wilhelm I., Papst Leo XIII. oder Otto von Bismarck – Lenbach hat sie alle porträtiert. Wobei ihm als Vorlagen oft Fotografien dienten. „Er malt so, wie Tizian die Typen seiner Zeit malte, in so großem Stil, dass er sie zu historischer Bedeutung erhebt“, erklärte eine Zeitgenossin, die Schriftstellerin Malwida von Meysenbug, Lenbachs durchschlagenden Erfolg bei den Promis der Gründerzeit. Dass Lenbach, den die Kunsthistorie wie seinen Freund Franz von Stuck zum Münchner Malerfürsten adelt, neben der männlichen Spitze der Gesellschaft auch emsig reiche Industriellengattinnen und blaublütige Damen malte, lehrt nun eine Ausstellung im Schwetzinger Stadtmuseum. Die Schau ist ein Import aus Lenbachs bayerischer Geburtsstadt Schrobenhausen und besteht zum Teil aus Arbeiten, die Lenbachs zweite, kurz „Lolo“ genannte Frau Charlotte davor bewahrte, vom kritischen Künstler als unvollendet entsorgt zu werden. Trotz also teilweise nur skizzenhafter Ausführung findet man in Schwetzingen nun ein interessantes feminines Who’s Who der Epoche zwischen 1880 und 1900 vor. Hier schaut Lily von Poschinger, ihres Zeichens Gemahlin eines Glasfabrikbesitzers, schön und blass und etwas hochmütig aus dunkel-diffusem Pelzkragen. Da erkennt man das edle Konterfei der Königin Margarethe von Italien, die angeblich der Pizza Margherita ihren Namen gab. Dort sitzt, sehr souverän, Mathilde Wesendonck, deren „platonische“ Liebe zur Richard Wagner intensiven Widerhall in „Tristan und Isolde“ fand. All diese Frauenbildnisse, deren Malstil auf alte Meister wie Rembrandt, Velázquez und eben Tizian verweist, folgen demselben Typus, der eher matronen- als nymphenhaft ist. Die noblen Damen wirken selbstbewusst und distanziert, unabhängig davon, ob sie uns nun stechenden Blicks fixieren oder introvertiert ins Unbekannte meditieren. Von diesem Muster weicht in auffälliger Weise nur das Porträt der Julia Virginia Scheuermann ab, die Lenbach als kesse Bacchantin verewigte: Provozierend barbusig grinst uns die Dichterin und Malerin, die zum Kreis um Richard Dehmel und Detlev von Liliencron gehörte, offensiv entgegen. Eine aufwendige Ausstellungsgestaltung wie in den großen Kunstmuseen darf man in Schwetzingen nicht erwarten. Immerhin aber sorgen eine Medienstation und Vitrinen mit originalen Dokumenten für eine willkommene Vertiefung des Themas.


Info

»Franz von Lenbach und die Schönen seiner Zeit« – bis 22.7., Schwetzingen, Karl-Wörn-Haus (Stadtmuseum), Marstallstr. 51, Do, Fr 10-12, 14-17 Uhr, Sa, So 11-17 Uhr; Info: Telefon 06202-87468.

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