1. FC Kaiserslautern Auf wen FCK-Schlussmann Julian Krahl ein Loblied singt
In der Karriere eines jeden Profisportlers gibt es diese Momente, an die sie sich ein Leben lang erinnern werden. Schöne, schlechte. Dramatische, beglückende. Momente, die vielleicht eine Wende bedeuten, zumindest aber einen Einschnitt. Und sei es nur, weil sie das erste Mal geschehen. Im Falle von Fußballtorwächtern sind es Glanzparaden, die ihren Teams den Sieg bescheren. Gehaltene Strafstöße in wichtigen Phasen. Tage, an denen sie trotz gigantischer Übermacht des Kontrahenten einfach nicht zu überwinden sind. Oder eben: Gurkentore.
Es ist anzunehmen, dass Julian Krahl den Abend des 28. Oktober so schnell nicht aus seinem Gedächtnis wird streichen können. Bis dahin hatte der 23-jährige Schlussmann des 1. FC Kaiserslautern tadellos gehalten, seit er im Erstrundenpokalspiel in Koblenz (5:0) Mitte August erstmals in dieser Saison zwischen den Pfosten stand. Krahl hatte zumeist einen sicheren Eindruck hinterlassen, Ruhe ausgestrahlt. Ob seiner nicht allzu ausgeprägten Zweitligaexpertise war dies nicht zwingend zu erwarten. Doch in diesem Abendspiel gegen den Hamburger SV sollte ihm ein Schnitzer unterlaufen, der dem Gast in letzter Konsequenz einen Teilerfolg bescherte. Es lief die 73. Spielminute, der FCK führte mit 3:2.
„Du schläfst dann schon mal schlecht“
Miro Muheim flankte von der linken Außenbahn in Richtung des Kaiserslauterer Tores. Krahl rückte aus diesem heraus und fragte sich vermutlich selbst recht flott, was er da eigentlich tat. Flugs legte er den Rückwärtsgang ein. Das Unheil aber war nicht mehr abzuwenden. Der Ball flog über ihn hinweg ins Netz. Ausgleich. Knapp 50.000 Besucher im Stadion und ein Millionenpublikum vor den TV-Geräten bezeugten den Fauxpas. Das muss ein Mensch, zumal ein so junger, erst einmal verarbeiten.
„Du schläfst dann selbstverständlich schon mal schlecht“, sagt Krahl mit etwas Abstand, „es passiert dir ein Mal in hundert Spielen. Das war so dämlich, es passiert dann halt einfach mal.“ Natürlich sei er ein wenig ins Grübeln gekommen. „Es wäre vermessen, wenn man sagt: Scheiß drauf.“ Unterm Strich stehe aber die Erkenntnis, die vor ihm schon so viele Sportler gemacht hätten. „Es ist normal, dass mal Wellen drin sind.“
Die kleinen Tiefen des Geschäfts
Schuld wies dem Keeper eh niemand zu. Kollege Kevin Kraus eilte nach dem Treffer sofort zu ihm und baute ihn auf. Andreas Luthe, den Krahl verdrängt hatte, suchte auf der Bank sitzend den Blickkontakt mit ihm, hielt die Hand unters Kinn. Kopf hoch, sollte das bedeuten. Krahl stimmt eine wahre Eloge auf seinen 36-jährigen Teamkameraden an. „Er ist sehr, sehr wichtig, nicht nur für mich, sondern für die ganze Mannschaft“, sagt er: „Er versucht, allen zu helfen, wo er nur kann. Mir hilft er tagtäglich, auch mal nur mit Gesten, das reicht schon aus. Wir sind alle dankbar, dass er für uns da ist.“
Fast eine ganze Saison lang hatte Krahl nach seinem Wechsel in die Pfalz im Sommer 2022 auf einen Einsatz in der Zweiten Liga warten müssen. Meist gehörte er nicht mal dem Kader an. Nun schlagen in dieser Runde schon elf Zweitligaeinsätze zu Buche, elf von Beginn an. Krahl ist die Nummer eins des 1. FC Kaiserslautern, auch wenn dies immer noch nicht in aller Deutlichkeit ausgesprochen worden ist. „Am Anfang habe ich mich sehr darüber gefreut, auch jetzt ist es immer noch etwas sehr Besonderes für mich, weil ich lange darauf hingearbeitet habe“, sagt Krahl. Neuerdings erlebt er nun eben die kleinen Tiefen des Business.
Abschläge ins Nirgendwo
Beim 3:2 im Pokal gegen den 1. FC Köln überwog das Licht, doch es gab auch schattige Momente, etwa beim Treffer zum zwischenzeitlichen 3:1, als der Ball nach einem Freistoß vom linken Flügel im Torwarteck einschlug. Beim 0:2 gegen Fürth wirkte Krahl etwas verunsichert, viele seiner Abschläge landeten im Nirgendwo oder im Seitenaus. Zudem verursachte er den zum zweiten Gegentor führenden Elfmeter. Dabei jedoch war es eher dem geschickten Einfädeln des zu Boden sinkenden Branimir Hrgota als einem Fehlverhalten Krahls geschuldet, dass Referee Zwayer auf den Punkt deutete.
„Die letzten beiden Spiele waren nicht einfach für mich, aber ich denke, das ist normal, wenn du hochkommst und deine Spiele machst, dass du irgendwann mal eine schwierige Phase durchlebst“, sagt Krahl und ergänzt: „Die ganze Mannschaft hat mich da unterstützt und mir geholfen, genau wie das Trainerteam und die Vereinsführung. Ich bin sehr dankbar dafür, dass sie mir Sicherheit geben.“
Neuer Anlauf in Wiesbaden
Neue Sicherheit benötigt der FCK an sich. Nüchtern betrachtet, hat das Pfälzer Ensemble aus den zurückliegenden drei Spielen nur einen Punkt verbucht. Das 0:2 gegen Fürth bildete das negative Ende ereignisreicher Tage. „Wir haben viele Sachen nicht optimal gemacht. Es war leider kein schöner Abschluss“, sagt Krahl.
Gemangelt habe es an vielem. Am letzten Biss. Der Zweikampfführung. Vielleicht an der Bereitschaft, die Wege mit aufzunehmen oder die letzten Prozentpunkte herauszukitzeln, die notwendig sind, um einen Zweitligagegner niederzuringen. Im Spiel am Sonntag (13.30 Uhr) in Wiesbaden soll dies wieder anders werden.