Meinung Warum ich auf Marie Kondo höre und nicht auf meine Eltern

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Die Aufräum-Expertin dringt besser zu mir durch, als es meine Eltern je in meiner Chaos-Kindheit geschafft haben. Mir ist auch klar, warum.

Als Kind war mein natürliches Lebensumfeld das Chaos. Der Gang zu Bett und Schreibtisch entwickelte sich regelmäßig über ein Ausweichen und Schieben hin zu einem Staksen und Rempeln. In den Griff bekommen habe ich das Problem immer nur unter Protest, nach einem Streit mit meinen Eltern und auch nur für den Moment. Dauerhafte Ordnung kommt schon, spätestens mit dem Erwachsensein, dachte ich damals. Heute gehöre ich mit 27 Jahren zu den Erwachsenen und weiß, dass das große Geheimnis der dauerhaften Ordnung für viele darin besteht, eine so große Wohnung zu besitzen, dass sich die Tür eines Raumes sehr fest schließen lässt, wenn der Besuch klingelt. Dass die dauerhafte Ordnung eben nicht automatisch mit der Volljährigkeit bei den Menschen Einzug hält, zeigt der Erfolg der Ordnungsberaterin Marie Kondo. Seit Jahren lesen sich die Chaoten dieser Welt und die, die sich dafür halten, durch die Tipps und Tricks der Japanerin in ihrem Buch „Magic Cleaning: Wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert“ . Und jetzt hängen die Fans der Ordnung am Bildschirm: Die Netflix-Serie „Tidying Up with Marie Kondo“ ist in aller Munde. Die Ordnungsberaterin besucht hier Leute und bringt ihnen mit ihrer „Konmari-Methode“ das Aufräumen bei.

Die „Konmari-Methode“ funktioniert

Nach Achtsamkeit für die Seele und Superfood für den Körper wurde es höchste Zeit, dass auch unser Wohnverhalten einen Trend durchlebt. Und wenn man Kondo beobachtet, wie sie kniend mit geschlossenen Augen Kontakt zum Haus aufnimmt und elfengleich durch die Gerümpelberge schwebt, muss man feststellen: Sie passt ganz gut in diese Reihe. Es mutet vielleicht etwas seltsam an, wenn die zierliche Frau ihren Klienten rät, jedem Kleidungsstück zu danken, bevor es in den Müllsack wandert, aber die „Konmari-Methode“ funktioniert. Das zeigen die zahlreichen Tweets, Fotos auf Instagram. Und das zeigt meine Wohnung. Ich bin zwar weit davon entfernt, jederzeit Besuch empfangen zu können, aber zumindest liegen meine „ach-stimmt-muss-ich-noch-bearbeiten“-Rechnungen nicht mehr tagelang auf dem Schlüsselbrett, sondern in der Box, die Marie Kondo dafür empfiehlt. Und mit der Kondo-Frage, ob mich ein Gegenstand noch glücklich macht, musste so einiges meine Wohnung verlassen, was mit meinem alten „das-hat-mal-Geld-gekostet“-Argument für immer geblieben wäre.

Hilfestellung statt Befehl

Was Marie Kondo von meinen Eltern in meiner Kindheit unterscheidet: Sie befiehlt nicht nur die Ordnung, sie gibt mir einfache Hilfestellungen. Ich weiß jetzt, dass jedes Teil – und damit meint Kondo wirklich jeden Kugeschlreiber – in meiner Wohnung einen festen Platz braucht. Ich weiß, dass ich jedes dieser Teile in die Hand nehmen muss, um sinnvoll auszumisten, und ich weiß, dass es Unterschiede gibt zwischen Gebrauchsgegenständen und dem vielen emotionalen Krempel in meinen Räumen. Ein kleiner Fan bin ich also von Marie Kondo. Endgültig auf ihrer Seite hat sie mich aber erst, wenn eine zweite Staffel der Serie erscheint. Das Thema: Ausmisten für Fortgeschrittene. Oder anders formuliert: Wie ich gar nicht erst so viel Mist kaufe und sammle.

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