Kaiserslautern „Trumps Rhetorik war schon forsch“

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Interview: „Nicht völlig schockiert, aber überrascht“ ist David Sirakov über Donald Trumps Sieg bei der US-Präsidentenwahl. Dieser könnte sich auch auf die Präsenz des Militärs in der Region auswirken, so der Leiter der Atlantischen Akademie. Sabrina Zeiter sprach mit ihm darüber.

Hat Sie das Wahlergebnis schockiert?

Ich bin nicht völlig schockiert, aber überrascht, weil die Demoskopen bei der Wahlvorhersage so danebengelegen haben. Ein Großteil der Umfragen ging von einem knappen Sieg Hillary Clintons aus. Und das habe ich auch erwartet. Ernüchtert war ich dann darüber, dass Bundesstaaten wie Wisconsin und Michigan das Zünglein an der Waage bildeten. Und Clinton damit in Staaten, die keiner auf dem Schirm hatte, unerwartet hinten lag. Wie haben Sie die Wahlnacht erlebt, in der Atlantischen Akademie gab es ja eine große Wahlparty? Etwa 170 Schüler, Studenten, andere Interessierte und auch US-Bürger waren bei uns zu Gast. Für alle hat der Abend zunächst einmal schön begonnen und so, wie sie sich das vorgestellt hatten: unter anderem mit Vorträgen von Experten der US-Politik. Für die Besucher hatten wir auch eine eigene Wahl vorbereitet, die zugunsten von Clinton ausging: Sie lag bei uns mit 76 Prozent vorne. Ab 0.30 Uhr, 1 Uhr haben wir vor dem Fernsehschirm die ersten Ergebnisse bestaunt. Dann wurde es zunehmend ruhiger. Den meisten wurde da klar, dass der Abend etwas anders verlaufen würde als gedacht. Die meisten hatten kaum mit einem Sieg Trumps gerechnet. Gegen 7.30 Uhr haben wir die Zelte schließlich abgebrochen, als der Wahlausgang schon ziemlich sicher war. Warum hat sich die Waage zugunsten von Trump geneigt? Die Enttäuschung über die Politik in Washington, die Angst vor dem sozialen und wirtschaftlichen Abstieg in weiten Teilen der Mittelschicht waren größer als angenommen. Viele hat das anscheinend an die Wahlurne gezogen. Was sich ohne tiefere Analyse schon sagen lässt: Clinton konnte bei den Frauen weniger stark punkten, als das angenommen wurde. Auch die Afroamerikaner und Hispanics haben anscheinend nicht in dem erwarteten Maße für die Demokratin abgestimmt. Das hätte keiner erwartet und ist eine große Überraschung. Genauso beispiellos wie der raue Wahlkampf ist jetzt auch das Ergebnis. Wie wird sich der Wahlausgang niederschlagen, insbesondere auch auf die Region rund um Kaiserslautern? Es ist natürlich noch viel zu früh, um ganz konkrete Folgen abzusehen. Blickt man auf Trumps Rhetorik im Wahlkampf, lässt sich aber sagen, dass auf die transatlantischen Beziehungen Herausforderungen zukommen werden. So wird es in Fragen der Sicherheitspolitik Gesprächsbedarf geben. Trump hat die Nato ja mehrfach in Frage gestellt. Das könnte Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz mit den militärischen Liegenschaften in Ramstein, Kaiserslautern, Spangdahlem und Baumholder haben, auf die Präsenz der amerikanischen Streitkräfte dort. Doch hängt das letztlich von den Zielen und Prioritäten ab, die Trumps Administration tatsächlich haben wird. Ich gehe außerdem davon aus, dass das Freihandelsabkommen TTIP nicht mehr möglich sein und dass das vereinbarte Pariser Klimaabkommen aufgekündigt wird. Die Folgen für die Innenpolitik sind kaum abzusehen, sie werden aber in die transatlantischen Beziehungen hineinspielen. Werden die Folgen tatsächlich so drastisch sein wie Trumps Wahlkampfrhetorik? Die Rhetorik im Wahlkampf war schon forsch. Aber man darf nicht vergessen, dass der US-Präsident schon mächtig, aber in vielen Belangen nicht der Mächtigste ist. In vielem hat der Kongress ein Mitspracherecht. Zwar haben nun künftig die Republikaner in Senat und Repräsentantenhaus die Mehrheit, aber es gibt noch so etwas wie einen Minderheitenschutz im Senat: Über die Filibuster-Regel, über die Möglichkeit zum Dauerreden also und damit der Verhinderung einer Entscheidung, können die Demokraten wichtige Vorhaben zunächst einmal blockieren. Eben war schon die Rede von der Militärgemeinde in der Region. Wie wird dort gewählt? Es gibt keine eigenen Wahlbüros. Die Stimmabgabe ist per Briefwahl möglich. Zuvor muss man sich allerdings in dem Bundesstaat registrieren lassen, in dem man zuletzt gemeldet war. Man erhält dann den Stimmzettel von dem jeweiligen Staat. Auf der Wahlparty habe ich gestern mit einem Amerikaner aus Michigan darüber gesprochen, der meinte, dass das relativ einfach gewesen sei. Aber da gibt es Unterschiede zwischen den Staaten. Die Registrierung kann man in der Ferne erledigen, man muss dafür nicht in die USA fliegen. Prozentual gesehen spielen die Militärangehörigen keine große Rolle bei der Präsidentenwahl – in der Kaiserslauterer Militärgemeinde leben und arbeiten über 57.000 Amerikaner und ihre Familien. Generell wählen Soldaten eher die republikanische Partei. Die Beteiligung an den Präsidentschaftswahlen bei den Amerikanern im Ausland lag in der Vergangenheit bei etwa 13 Prozent, wobei Militärangehörige eher wählen gehen als Zivilpersonen.

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