Rheinpfalz Trump und Kallstadt: Ein Ortsbesuch

Die Landjugend bei der Arbeit am Umzugswagen. Oben von links Lucas Hommen, Lukas Pfaff, Kai Weisenborn, vorne von links Lea Kunz
Die Landjugend bei der Arbeit am Umzugswagen. Oben von links Lucas Hommen, Lukas Pfaff, Kai Weisenborn, vorne von links Lea Kunz, Michelle Fleischmann und Sarah Bühler.

Ein möglicher Besuch des US-Präsidenten Donald Trump im pfälzischen Wohnort seiner Vorfahren sorgt für Schlagzeilen. Den Kallstadtern sind solche Spekulationen eher unangenehm. Ihrem Pfälzer Uznamen „Brulljesmacher“ – also: Angeber – zum Trotz geben sie sich ganz bescheiden. Ein Ortsbesuch von Dagmar Schindler-Nickel

Ein kurzes allgemeines Hüsteln in einem nüchternen Raum des Dorfgemeinschaftshauses – das ist die erste Reaktion aufs Thema „Trump und Kallstadt“ beim Ortsbesuch in Etappen. Was sagen die Kallstadter zu der Aussicht, der mächtige und umstrittene US-Präsident Donald Trump könnte das Dorf an der Weinstraße besuchen, wo einst seine Vorfahren lebten? 22 Kallstadter Landfrauen haben an diesem Abend die Pfälzer Weinberge gegen die Steilhänge Sri Lankas getauscht. Teefachberaterin Astrid Siegmann aus Frankfurt hält ein Teeseminar für die Pfälzerinnen. In Kallstadt war sie noch nie. „Ich habe aber schon von Ihrem Ort gehört“, sagt sie augenzwinkernd. Da ist es, das kurze Hüsteln am langen Tisch. Der, um den es geht, wird zunächst nicht beim Namen genannt. Nach sieben Proben samt Geschmacksanalyse kommen die Teetrinkerinnen ins Plaudern. Angelika Hagen, die aus Köln stammt und durch ihren Mann nach Kallstadt kam, erzählt von der Herzlichkeit der Dorfbewohner und dem Miteinander im Ort – und sie berichtet, dass auf der Arbeit in Ludwigshafen geschmunzelt werde, wenn es ums Thema Trump gehe. Was im Ort los sein wird, wenn der US-Präsident tatsächlich kommen sollte, mag sie sich gar nicht vorstellen. „Das gibt wohl eher eine verhaltene Begrüßung“, sagt Sabine Kremer. Schließlich könnten die Kallstadter nicht stolz darauf sein, dass ein so polarisierender Präsident wie Donald Trump hier seine Wurzeln habe.

Nur Journalisten, kein Präsident

Bisher hat es in Kallstadt nur Großaufgebote an Journalisten gegeben, so am 9. November 2016, dem Tag der Wahl Trumps zum US-Präsidenten. Viele Journalisten hätten sich darüber gewundert, dass kaum einer in Kallstadt im Wohnzimmer vor dem Fernseher saß, um die Wahl live mitzuverfolgen, erinnert sich Sabine Kremer: „Als ob da irgendwer hätte mitfiebern wollen.“ Die Leute hatten einfach zur Arbeit gehen oder die Kinder in die Schule bringen wollen. Kremer hat den Medienrummel nach der Wahl hautnah miterlebt. „Bereits kurz nach 6 Uhr hatten sich jede Menge Journalisten vor der Bäckerei-Filiale postiert. Das hat dann dazu geführt, dass sich kein Kallstadter mehr getraut hat, Brot zu holen.“ Veronika Schramm hat als Leiterin eines Gästehauses erfahren, dass das Thema Trump mit Vorsicht zu genießen ist. „Ich hatte kürzlich Amerikaner zu Besuch, da hab ich schon aufpassen müssen, was ich sage. Die haben ganz toll gefunden, was er macht.“ Landfrauen-Vorsitzende Beatrix Riede sieht einen Besuch Trumps eher nicht als Problem, sondern als Herausforderung: „Vielleicht sollten die Kallstadter auch mit so etwas klarkommen.“ Derzeit beschäftigt die Vorsitzende mehr das Heringsessen der Landfrauen, das wieder ein Erfolg werden soll.

Trump kein Faschingsthema

Fasching bestimmt derzeit auch das Vereinsleben der Landjugend. Drei Tage brauchen die jungen Leute, um ihren Umzugswagen herzurichten. „Partytime im Altersheim“ heißt das Motto diesmal. Die 50-köpfige Landjugend-Gruppe nennt sich „Brulljesmacher“ – so werden die Kallstadter von Bewohnern der Nachbargemeinden scherzhaft genannt. „Protz un Brulljes mache“ – ein pfälzisches Synonym für Angeberei. Die Kallstadter machten halt gerne Aufhebens um sich selbst, soll das heißen. Die Bewohner nehmen den Spott gelassen. Auch dass erzählt wird, Donald Trump sei eben ein richtiger „Brulljesmacher“, regt keinen im Ort auf. Im Gegenteil: Die Kallstadter kokettieren mit ihrem Ruf. Und so protzt die Landjugend ganz brulljesmäßig mit ihrem neu angeschafften Wagen bei fünf Fasnachtsumzügen im Umkreis. „Wir feiern als Omas und Opas und zeigen, dass Riesling jung hält“, erzählt Landjugend-Vorsitzende Sarah Bühler. Das passt zum Vereinsmotto: Kallstadt „mit allem, was dazugehört, in der ganzen Welt bekannt zu machen“. Und dazu zählt an vorderster Stelle nicht Trump, sondern der Saumagen, ob im Glas oder auf dem Teller. Denn nur in Kallstadt gibt es die Weinlage „Saumagen“, die einen beliebten Riesling hervorbringt. Trump als Faschingsmotto hat in diesem Jahr niemand vorgeschlagen. „Noch vor der Präsidentschaftswahl hatten wir auf unserem Wagen den Kallstadter Kirchturm neben dem Trump-Tower“, erzählt Sarah Bühler. „Das kam zwar gut an, man muss das aber nicht immer machen. “ Die 28-Jährige, die mit ihrem Bruder ein Landhaus mit Weingut leitet, glaubt auch nicht, dass die Verbindung von Kallstadt und Trump deutschlandweit so bekannt ist – trotz des großen Medieninteresses. „Und wenn wir Kallstadter zusammen sind, reden wir auch nicht über Trump“, betont sie.

Eine Szene aus der Frauengymnastikstunde des Turnvereins blieb vom Dokumentarfilm „Kings of Kallstadt“ besonders im Gedächtnis.
Eine Szene aus der Frauengymnastikstunde des Turnvereins blieb vom Dokumentarfilm »Kings of Kallstadt« besonders im Gedächtnis.
Der Männergesangverein ist skeptisch, was einen Besuch Trumps angeht.
Der Männergesangverein ist skeptisch, was einen Besuch Trumps angeht.
US-Präsident Trump Ende Januar bei seiner ersten Rede zur „Lage der Nation“.
US-Präsident Trump Ende Januar bei seiner ersten Rede zur »Lage der Nation«.
US-Generalkonsul James Herman (links) und Bürgermeister Thomas Jaworek im Januar in Kallstadt.
US-Generalkonsul James Herman (links) und Bürgermeister Thomas Jaworek im Januar in Kallstadt.
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