Sport „Solange ich atmen kann“

21 Jahre lang die Stimme vom Betzenberg: Udo Scholz als berühmt-berüchtigter Stadionsprecher des 1. FC Kaiserslautern im Jahr 19
21 Jahre lang die Stimme vom Betzenberg: Udo Scholz als berühmt-berüchtigter Stadionsprecher des 1. FC Kaiserslautern im Jahr 1994.

Porträt: Er erfand den Stadionklassiker „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“, weil er sich über derbere Schmähgesänge ärgerte. Udo Scholz, 21 Jahre Sprecher beim FCK und seit 1994 bei den Adlern, ist am Montag 80 geworden. Ob er weitermacht?

Jüngst war Udo Scholz mal wieder in seiner westfälischen Heimat Lüdenscheid. Klassentreffen. „Nach einer Stunde“, erzählt er, „bin ich nach Hause“. Die Gespräche drehten sich nur um Zipperlein und Gebrechen: „Prostata, Niere, Blase, tralala.“ Udo Scholz mag auch mit fast 80 Jahren nicht klagen, nicht jammern. Im Gegenteil. „Blendend, sag ich dir“, antwortet er auf die in diesem Alter gar nicht banale Frage, wie’s ihm denn gehe, „ich bin topfit.“ Okay, das Laufen falle ihm schwer, „viermal Meniskus, Kreuzband, bisschen Arthrose“, zählt er auf. Auch deshalb ist er ein „Uhu“ geworden, wie er verrät: ein Unter-Hundert. „Von 127 Kilo bin ich auf unter 100.“ Wie das? „Ich esse ganz gezielt und versuche, mit 1200 Kalorien am Tag auszukommen.“ Was wiederum wenig ist für das gewaltige Pensum, das Stadionsprecher-Legende Udo Scholz noch absolviert. Auch, weil es ihn jung hält, allein schon durch den Umgang eben mit jungen Leuten. Nicht nur, dass er seit nun 25 Jahren die Stimme der Adler Mannheim ist, erst im alten Eisstadion im Friedrichspark, jetzt in der SAP-Arena. Abseits der Eishockey-Spiele organisiert er Fanfahrten, moderiert Autogrammstunden, setzt sich fieberhaft für die Aktion „Adler helfen Menschen“ ein. Vesperkirche für Bedürftige, Kinderzeltlager – Udo Scholz ist ein Gesicht der Wohltaten.

Hampden Park 1966, Finale gegen Liverpool

Scholz wurde in Brügge – heute ein Stadtteil Lüdenscheids – geboren, wuchs in einer Eisenbahnerfamilie auf, verlor sehr früh seinen Vater, der im Krieg fiel. Mit seiner Mutter bewohnte er das Bahnhofsgebäude in Brügge, und so verwundert es nicht, dass seine ersten Ansagen via Mikrophon irgendwann in etwa so lauteten: „Hier Bahnhof Brügge, Anschlusssuchende nach Lüdenscheid Bahnsteig ... Bitte zurücktreten.“ Ein Naturtalent, das alsbald in ganz anderen Kreisen verkehrte. Fußball und das Showgeschäft hatten es dem jungen Tausendsassa angetan. 1963 engagierte ihn Borussia Dortmund als Stadionsprecher. Höhepunkt: Finale Europapokal der Pokalsieger 1966, Hampden Park, Sieg gegen den FC Liverpool. „Wir Ruhrpottler in Glasgow, wir konnten ja alle kein Englisch geschweige denn richtig Deutsch ...“ Zudem begleitete Scholz Rock-, Pop- und Schlagergrößen als Tourmanager und Promoter. Die Beatles sah er im Hamburger Star-Club, vermarktete selbst die „deutschen Beatles“ The Lords und Schnulzen-Schlingel Heintje, war mit Udo Jürgens und Peter Alexander per Du, reiste mit Deep Purple und Fleetwood Mac. „Ich war immer auch ein verrückter Hund“, sagt er lachend. War ...?

"Spiele, die kein Mensch vergisst"

Es gab aber auch den „bürgerlichen“ Udo Scholz. Der arbeitete für eine Handelsvertretung in Essen, die ihn in den Südwesten schickte. So, verkürzt gesagt, kam Udo Scholz 1973 zum 1. FC Kaiserslautern – und erlebte gleich in seinem ersten Jahr auf dem „Betze“ das surreale 7:4 gegen die Bayern nach 1:4-Rückstand. „Spiele, die kein Mensch vergisst“, weiß er und zählt weiter auf: das 5:0 gegen Real Madrid, das wegen des späten Bakero-Gegentores bittere 3:1 gegen den FC Barcelona („Auch ich habe geweint“), Pokalsieg 1990, Meisterschaft 1991 und bei der WM 1974 als Zugabe die Wasserschlacht Deutschland - Polen. 1994 verließ Scholz nach Ungereimtheiten ums Jahresheft im Streit den FCK, hegt aber heute keinerlei Groll mehr, im Gegenteil: Mit den Helden von einst herrscht teils reger Kontakt. Seit 1994 heizt er die Stimmung bei den Adlern an. Der Wechsel vom Fußball zum Eishockey geriet indes nicht ganz unfallfrei: „Im ersten Spiel habe ich eine schöne Halbzeitpause gewünscht.“ Ein Eishockey-Spiel ist in Drittel unterteilt ...

Scholz schüttelt den Kopf

Nun würde doch eigentlich alles so gut passen in diesen Wochen. Seine urige Weinstube „Haardtblick“ in Friedelsheim hat er an eine junge, „dynamische“ Nachfolgerin übergeben, bleibt ihr aber als Berater und prominentes Gesicht erhalten. Im Weinstraßen-Ort kandidiert der FDP-Mann noch einmal für den Gemeinderat. Die Adler werden vielleicht wieder deutscher Meister. Er ist bei ihnen seit 25 Jahren am Mikro und wird 80. Zu dem runden Geburtstag hat dann selbst Uli Hoeneß bei ihm angerufen. Ein perfekter Zeitpunkt zum Aufhören? Udo Scholz schüttelt den Kopf. Gerade wegen der vielen Aktivitäten abseits des Eises sieht er sich dann doch auch als Wohltäter in der Pflicht: „Manche Leute sagen: Lass den alten Sack mal weggehen. Aber die sollen mal überlegen, was da alles dran hängt.“ Und so verspricht er: „Solange ich atmen kann und mich der Aufgabe gewachsen fühle, bleibe ich dabei!“ Dann sprechen wir uns also spätestens zum 90. wieder.

Eishockey-Play-offs 2019: Udo Scholz fiebert mit seinen Adlern und ist stets sozial engagiert.
Eishockey-Play-offs 2019: Udo Scholz fiebert mit seinen Adlern und ist stets sozial engagiert.

An dieser Stelle finden Sie ein Video via GlomexSport.

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