Zweibrücken Saarlorlux-Filmtreff in Berlin ganz im Zeichen der Drag-Kultur

Pfälzer Filmschaffende beim Saarlorlux Filmevent am Montag in Berlin (von links): Regisseur Tor Iben, Pianist Ralf Röder, Manfre
Pfälzer Filmschaffende beim Saarlorlux Filmevent am Montag in Berlin (von links): Regisseur Tor Iben, Pianist Ralf Röder, Manfred Prusseit und Initiator Wolfgang Reeb.

Wenn man Wolfgang Reeb so sieht (chicer Anzug, kräftige Gestalt) können Außenstehende kaum glauben, dass er sich mit ein paar Handgriffen, Make-up, Mimik und Gestik in eine Dame von Welt verwandeln kann. Aber der Initiator des „Saarlorlux Filmtreffs“, der jährlich auf der Berlinale vertreten ist, kann das. Und noch viel mehr.

Am Montag brachte Wolfgang Reeb in der Reformationskirche Moabit zum fünften Mal Film- und Theaterschaffende aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz und Luxemburg zusammen. Einblicke gab er auch in seinen gerade abgedrehten Film „Zeit der Monster“, eine skurrile Drag-Komödie. Dort gibt er die charmante Lady „Amanda“.

Vor der Kirche, angeleuchtet in verruchtem Rot, parken zahlreiche Autos aus dem Saarland und der Pfalz, ein in Berlin-Moabit nicht alltäglicher Anblick. Drinnen drängen sich die Gäste ums Buffet, flanieren mit einem Sekt oder schauen sich eine Drag-Show an, bei der eine große Dame als Schneekönigin schlangengleich tanzt. Der „Saarlorlux Filmtreff“ steht diesmal ganz im Zeichen der Drag-Kultur.

Reebs neues Projekt heißt „Amanda“

Die bunte Party dient vor allem als großes Netzwerk für Künstler aus dem Saarland, der Pfalz und Luxemburg. Wolfgang Reeb will Tabus brechen, die eine ganze Weile lang keine mehr waren – aber heute wieder sind. „Meine Idee, einen Film über die Interna der Drag-Szene zu machen, hätte heute kaum noch jemand umgesetzt“, sagt er. Dann aber traf er auf seinem eigenen Event in Berlin Regisseur Tor Iben; der ließ sich von Reebs Begeisterung anstecken und verwirklichte das Projekt mit ihm.

In Kürze erzählt: „Amanda“, eine alternde Drag-Queen, erkennt nicht die Zeichen der Zeit und gerät immer mehr ins Abseits der eigenen Szene. Zu blöd, dass sie auch noch gegen Widersacherin Justine, gespielt von Nina Queer (auch Schirmherrin des Events), zu kämpfen hat.

„Schon lange wollte ich mal eine Frauenrolle spielen“, erzählt Wolfgang Reeb (65). „Eigentlich schon seit dem Film ,Tootsie’ mit Dustin Hoffman.“ Ihm gehe es schon seit Jahren wie dem von Hoffman verkörperten Schauspieler – er bekomme keine guten, anspruchsvollen Rollen mehr, obwohl er bereits im Saarbrücker „Tatort“ mitgespielt hat. „Und da dachte ich mir – versuch’s doch mal mit einer Frauenrolle.“ Reeb, der die Kulturszene in Kaiserslautern in den 1980er Jahren mitgeprägt hat – er betrieb unter anderem die Lokale „Klimperkasten“, „Metropolitan“, die „Unze“ und den „Nähkasten“ – war schon in jungen Jahren in der „Drag-Szene“ unterwegs. „Damals nannte man die Dragqueens noch Transen, und sie wurden geschlagen und gejagt. Leider ist das heute zum Teil wieder so.“

Pfälzer auf mehreren Ebenen an „Amanda“ beteiligt

Eigentlich sei der Film eine Art „politisches Musical“, betont Regisseur Tor Iben. Aktuell sei er, weil Subkulturen aus den 80er und 90er Jahren immer mehr verschwänden, auch in Berlin. „Wir haben die meisten Szenen im Saarland gedreht, dort ging man sehr locker und offen mit dem Thema um. Es war eine freundlichere Atmosphäre als in Berlin.“ Eingereicht werden soll „Zeit der Monster“ jetzt beim Filmfest München. „Mit ein bisschen Glück wird er auf allen Festivals in Europa gezeigt“, hoffen Reeb und Iben. Sie sind zugleich Produzenten des Films.

Hinter den Kulissen war außer Reeb ein großer Teil Pfälzer an der Tragikomödie beteiligt. Die Filmmusik schreibt Ralf „Steini“ Röder, ein Kaiserslauterer, der einen großen Teil seines Lebens in Steinalben verbrachte – daher auch sein Spitzname. Heute lebt er in Schottland, kam eigens zum „Saarlorlux Filmtreff“ nach Berlin. Er kennt Wolfgang Reeb schon seit Jahrzehnten. Auf der Bühne des Berlinale Events spielte er am E-Piano französische Chansons und Hits der 80er. Für die Beleuchtung und Gestaltung der Kirche als Eventraum zeichnet Manfred „Manne“ Prusseit verantwortlich. Er brachte sich im Film als Gestalter und Beleuchter ein. Jahrzehntelang war Prusseit Bühnenbildner am Pfalztheater Kaiserslautern sowie am Deutschen Theater München.

Pfalz-Rolle soll größer werden

Nach fünf Jahren geht laut Reeb das Konzept auf, Film- und Theaterschaffende vor allem aus dem südwestlichen Raum Deutschlands, ein Podium innerhalb der Berlinale zu bieten. „Davor hatte die Region in der Filmszene kaum eine Lobby, diese Lücke wollte ich schließen.“ Inzwischen ist es fast Mitternacht, und man sieht Reeb die Anstrengung kaum an, mit der er seit dem frühen Morgen als Gastgeber, Manager und Moderator unterwegs ist. „Im nächsten Jahr wird auch die Pfalz eine noch größere Rolle bei dem Event spielen“, resümiert er. „Saarlorlux Filmtreff meets Pfalz“ könne das dann heißen. Schauspieler, Regisseure, Drehbuchautoren, Bühnengestalter und Kameraleute aus Rheinland-Pfalz können sich bei Reeb (Mail: info@wolfgangreeb.de) melden, sagt er, wenn es um Aufträge oder Ideen geht.

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