Kolumnen Online-Kolumne: Manche Wünsche gehen nach vielen Jahren in Erfüllung

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Es ist schön, dass es Wünsche und Träume gibt, die erst viele Jahre später in Erfüllung gehen. Längst vergessen. Und plötzlich geht da im Hinterkopf eine Schublade auf und nach längerem Kramen findet sich darin etwas fast Vergessenes.

Es ist rund 30 Jahre her, dass ich zu Studentenzeiten am Ayers Rock war. Eine Busreise von Adeleide aus durch das rote Herz Australiens führte bis zu dem berühmten Inselberg im Northern Territory. Das heißt, damals bin ich zu einem Monolith getuckert. Heim gekommen von der Reise bin ich mit einer Eintrittskarte vom nagelneuen „Uluru – Kata Tjuta National Park“, wie die Aborigines ihren heiligen Berg und die nahe gelegenen Olgas nennen. Außerdem weiß ich längst, dass der Uluru ein Inselberg und kein Monolith ist.

Wir stiegen um 4 Uhr in den Bus, um den magischen Sonnenaufgang zu sehen

Genug klug geschissen? Sorry, bin noch nicht fertig. Ich muss ja noch erklären, warum es hier um einen Traum geht. Also zurück in den Bus. Morgens um vier ging es für uns – überwiegend Studenten, fast alle deutsche – zu einem Aussichtspunkt, um den wirklich magischen Sonnenaufgang zu sehen. Sekt und kalte Getränke gab es damals noch nicht, sondern nur uns Staunende mit unseren vorzeitlichen Geräten: Fotoapparate mit Filmen drin! Die Bilder gab es also erst Tage, wenn nicht Wochen später zu sehen.

Die Ureinwohner haben uns gebeten ihren heiligen Berg nicht zu besteigen

Mit dem Bus ging es dann zum Infocenter. Wir haben in dem von Aborigines geleiteten Bau nur unsere Karten kaufen wollen. Doch halt, erst noch ein kleiner Kurzvortrag: Willkommen bei uns. Es ist erlaubt, den Berg hochzukrabbeln. Aber eigentlich hätten wir, die Ureinwohner, für die er ein sehr heiliger Ort ist, die Bitte, dass ihr ihn nicht besteigt. Außerdem erzählte uns der Mann, dass es üblich ist, dass sich Stammesälteste selbst verletzten, wenn ein Besucher beim Klettern zu Schaden kommt.

Die Masse marschierte doch und ich gehörte zur Mini-Fraktion der Untenbleiber

Wir waren um die 20 Mann. Kaum waren wir am Parkplatz am Fuße des 348 Meter hohen Bergs angekommen, wurden die Stiefel geschnürt – und weg waren sie, die Bergsteiger. Ich gehörte der Mini-Fraktion der Untenbleiber an. Wir waren doppelt gestraft, denn oben – das war eine traumhafte Aussicht – soll es keine Fliegen geben. Und die sind im Outback so zahlreich, dass manche dort sogar eine lächerliche Kappe mit Netz vorm Gesicht tragen. Aber nur um den lästigen Dingern für zwei, drei Stündchen zu entkommen, muss man ja kein schlechter Gast sein. Also ging es für uns Mädels einmal außenrum, das sind immerhin auch knapp zehn Kilometer. Und dabei haben wir Bekanntschaft mit einem Thorny Devil gemacht, der auf Deutsch Dornteufel genannt wird. Es ist eine ziemlich kleine Echse voller Stacheln. Der Name entstand in Anlehnung an John Miltons Gedicht: Paradise lost (Das verlorene Paradies).

In den 1930ern bestiegen die ersten den Uluru

Die Besitzer von Uluru und den Olgas sind die Anangu, denen der Berg 1985 zurückgegeben wurde. Die ersten Fremden, die die Wahrzeichen Australiens zu Gesicht bekommen hatten, waren 1872 die Mitglieder einer Expedition von Ernest Giles. In den 1930er-Jahren hat es die ersten Besteigungen gegeben, 1964 wurde eine Art Geländer gebaut, um den Aufstieg zu erleichtern.

Mein Traum wird wahr: Seit Oktober ist das Besteigen verboten

Seit dem 26. Oktober 2019 ist das Besteigen des australischen Wahrzeichens verboten, Stichwort Overtourism. Gut so. Damals dachte ich nur, bleibt doch bitte alle unten. 30 Jahre später ist mein Wunsch in Erfüllung gegangen. Reisen nach down under werden weiter hoch im Kurs stehen, aber am Uluru heißt es nun: unten bleiben. Es gibt weltweit genug heilige Stätten, die nicht frei zugänglich sind.


Die Autorin

Christine Kamm (53) aus Ludwigshafen arbeitet seit 2012 im Sportressort der RHEINPFALZ. Die Kolumne Christine Kamm und Sigrid Sebald schreiben abwechselnd in der Online-Kolumne "Ich sehe das ganz anders" über die großen und kleinen Überraschungen sowie Absurditäten des Alltags.

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