Rheinpfalz Pfälzer Modeexpertin: „Socken in Sandalen sind hot“

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Das Foto zeigt Annette Weber (Mitte) auf der Fashion Week 2017 in Berlin.

Wenn sich eine mit Mode auskennt, dann ist es die Bloggerin und ehemalige „Instyle“-Chefin Annette Weber. Die gebürtige Speyererin weiß, welche Teile in den Schrank gehören und was den Pfälzer Modestil ausmacht. Ein Interview von Sonja Hoffmann

Frau Weber, wie lange standen Sie heute Morgen vorm Spiegel?

Im Bad geht’s bei mir ganz schnell, da wäre jeder Mann neidisch. Ich schminke mich fast nie, und die Haare trage ich meistens zum Knödel. Das ist nicht dramatisch. Vor dem Kleiderschrank dauert es dann ein bisschen länger. Ich habe ja ein privates Profil auf Instagram, und was ich da zeige, sind tatsächlich die Outfits, die ich im Alltag trage. Da möchte ich natürlich, dass es gut aussieht. Aber ich habe da so meine Uniform: Ich liebe Jeans. Und heutzutage kann man auch in Jeans wahnsinnig schick aussehen. Eine schöne Bluse dazu und scharfe High Heels, fertig. 

Sie sind in Speyer geboren und aufgewachsen. Haben Pfälzer einen eigenen Modestil?

Ajo (lacht). Die Pfalz ist eher ländlich, da kann man mit Großstadtklamotten nicht punkten. Meine Familie wohnt in Speyer direkt neben dem Dom. Bei dem Kopfsteinpflaster brauchst du nicht mit Balenciaga-High-Heels kommen, das ist ja lebensgefährlich. Da muss man eben praktische, flache Schuhe tragen. Trotzdem ziehen sich die Pfälzerinnen schick an – und das, obwohl sie auf hohe Schuhe verzichten müssen. Das ist die hohe Schule. In der Pfalz ist es aber auch ehrlicherweise nicht so wichtig, was man anhat, sondern vielmehr, was man sagt. Das ist wahnsinnig sympathisch. 

Sie waren Chefredakteurin des Magazins „Instyle“. Wird man mit einem Gespür für Mode geboren oder kann man das lernen?

Nein, das kann man nicht. Ein Gespür für Mode ist ein Talent, an dem man aber auch arbeiten muss. Ich vergleiche das gerne mit einem Rotwein. Der Wein braucht eine gute Lage, aber auch einen guten Winzer, der sich um ihn kümmert. Geschmack hat man oder man hat ihn nicht.

Wie findet man seinen eigenen Stil?

Das hat viel mit den eigenen Lebensumständen zu tun. In der Pfalz zieht man sich anders an als in Berlin-Mitte. Eine Journalistin zieht sich anders an als eine Rechtsanwältin. Aber auch für diejenigen, die vielleicht nicht so viel Ahnung haben, gibt es Inspirationsmöglichkeiten. Da gibt es zum Beispiel Influencer oder Fashion-Blogger auf Instagram. Die guckt man sich an und sagt: Das ist eine Frau in meinem Alter. Das, was sie anhat, wäre auch was für mich. So kann man sich orientieren.

Gab es auch Situationen, in denen Sie nicht angemessen gekleidet waren?

Ja, natürlich! (lacht) Die schlimmste Situation war bei einem Spiel des FC Bayern München in der Allianzarena. Wir hatten damals eine Lounge, und als bekennender Bayern-Fan dachte ich, ich laufe dort mal in meiner Fan-Kleidung auf – von Kopf bis Fuß. In diesen VIP-Lounges ist man aber ein bisschen anders gekleidet. Die Männer hatten zum Beispiel Anzüge an. Ich kam mir so verkleidet vor mit meinem Fan-Schal. Das war mir damals wirklich unangenehm, ich wollte dort ja auch mit anderen Modeleuten Geschäfte machen.

Welches Teil sollte jede Frau im Kleiderschrank haben?

Jede Frau sollte definitiv eine Jeans haben, die richtig gut sitzt. Auch Frauen, die etwas kräftiger sind, können Jeans tragen – vielleicht welche, die etwas kürzer geschnitten sind und bei denen man die Knöchel sehen kann. Das sieht immer gut aus. Ein toller Mantel ist auch eine gute Visitenkarte. Mit dem kommt man an, der sollte gut aussehen.

Und was ist bei Männern ein Muss?

Jeder Mann sollte einen guten Anzug haben. So einen zu finden, ist gar nicht so leicht. Gute Schuhe sollte man sich dazu auch leisten. Daran erkennt man den Unterschied zwischen einem Mann und einem Herrn. Kann man sich auch für wenig Geld gut anziehen oder muss man dafür richtig investieren? Das kommt auf die Stücke an. Eine gute Jeans muss nicht teuer sein. Die gibt es etwa bei Zara recht günstig. Da ändert sich auch die Mode jedes Jahr – mal mit Fransen, mal kürzer. Bei einem Mantel würde ich mehr investieren. Den trägt man auch mehrere Jahre, da darf das ruhig sein.

Sie waren auch schon bei Karl Lagerfeld eingeladen. Was hatten Sie an?

Natürlich habe ich Chanel getragen. Ich hatte eine Jacke in Schwarz, ein Shirt und eine schwarze Jeans an. Die Veranstaltung war bei ihm in seinem Stadtschlösschen in der Rue de L’Université in Paris. Es war ein unglaublich heißer Tag, und es gab Weißwein.

Im Alltag: lieber schlicht oder darf’s auch ein bisschen ausgefallener sein?

Ich mag’s lieber schlicht. Ich trage zum Beispiel gerade ein Hemd mit Streifen, meine neusten Lieblingsjeans und ein Paar Lackschuhe. Wahre Eleganz liegt doch eher im Weglassen.

Wagen Sie eine Prognose: Was wird in diesem Jahr der angesagteste Trend?

Farben und Muster kommen wieder ganz groß. Der Trend zum Casual geht weiter. Zurzeit tragen ja alle Turnschuhe. Und Söckchen kommen wieder. Frauen tragen Söckchen, zum Beispiel in Pumps.

Sind dann auch Socken in Sandalen wieder in oder zählt das noch als Modesünde?

Ja, das ist hot. Hot, hot, hot. Tennissocken in Adiletten, das ist gerade ein richtiger Trend. Wir haben das letztes Jahr schon auf unserem Blog gezeigt, da haben sich noch alle aufgeregt. Aber wir wollten unbedingt die Ersten sein, die es haben. Es kommt ja alles wieder. Das ist natürlich auch so ein bisschen mit einem Augenzwinkern zu sehen. In der Großstadt geht das, auf dem Land wohl eher nicht.

Annette Weber ist ebenso modebesessen wie die berühmt-berüchtigte Vogue-Chefin Anna Wintour, hier gespielt von Meryl Streep in d
Annette Weber ist ebenso modebesessen wie die berühmt-berüchtigte Vogue-Chefin Anna Wintour, hier gespielt von Meryl Streep in dem Film »Der Teufel trägt Prada«.
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