Grünstadt „Mittendrin im Klimawandel“

VG-Klimaschutzmanager Pascal Stocké, hier am renaturierten Landgraben in Obersülzen, setzt auch auf das Engagement von Privatleu
VG-Klimaschutzmanager Pascal Stocké, hier am renaturierten Landgraben in Obersülzen, setzt auch auf das Engagement von Privatleuten, Vereinen und Unternehmern. Alle müssen an einem Strang ziehen.
Herr Stocké, bisher wurde immer von Klimaschutz gesprochen. Jetzt geht es um Klimaanpassung. Ist das eine Kapitulation, weil eh nichts mehr zu retten ist?

Nein. Aber es lässt sich nicht leugnen: Wir sind mitten drin im Klimawandel. Und Rheinland-Pfalz ist deutlich stärker betroffen als andere deutsche Regionen. In den vergangenen Jahren wurde schon sehr viel unternommen. Man denke an die Renaturierungen einst begradigter Flüsse oder an die Vorgabe, dass jedem versiegelten Quadratmeter eine entsprechende Ausgleichsfläche gegenüberzustellen ist. Aber wir müssen dranbleiben am Thema, es immer wieder zur Sprache bringen. Die Sache mit dem Klima ist schwierig für uns Menschen, weil die Auswirkungen unseres Handelns erst in Jahrzehnten sicht- und spürbar werden. Schnelle Erfolge gibt es da nicht. Wir müssen uns jedoch proaktiv auf die Folgen des Klimawandels einstellen und uns anpassen. Aber die Natur weiß doch am besten, wie das mit der Anpassung geht. Wozu brauchen wir ein Grünflächenmanagement? Es geht darum, für das Problem zu sensibilisieren und uns von Fachleuten Ideen aufzeigen zu lassen, wie Grundstücke aufgewertet – beispielsweise besonders insektenfreundlich gestaltet – werden können. Es gibt tolle Konzepte, Grünflächen nachhaltig anzulegen. Permakultur wäre ein Stichwort: Das Schaffen von dauerhaft funktionierenden naturnahen Kreisläufen. Und darüber wollen wir in einem ersten Schritt informieren. Ein Vortrag heute Abend dreht sich um Eh-da-Flächen. Was muss man sich darunter vorstellen? Das sind Flächen, die eh da, aber weitgehend ungenutzt sind. Sie sollen ökologisch aufgewertet werden. Im Fokus stehen Erhalt und Förderung von Biodiversität. Wie soll das ablaufen? Wir werden einen Rundbrief an die 21 Ortsbürgermeister unserer VG schicken, in dem wir sie bitten, uns Eh-da-Flächen in ihrem Dorf zu melden. Dann werden wir eines der vorgeschlagenen Areale auswählen. In einem Pilotprojekt wird es unter Anleitung von Experten ökologisch und klimatologisch sinnvoll angelegt. Wir hoffen, dass möglichst viele Bürgermeister der umliegenden Orte dabei sein werden, um das Wissen als Multiplikatoren weiterzutragen. Aber das Grünflächenmanagement richtet sich auch an Privatleute, oder nicht? Ausdrücklich auch an Privatleute. Die Kommunen können nur in ihren Bereichen etwas tun. Das Gros der Flächen ist in privater Hand. Selbst wenn man nur einen kleinen Garten hat, wird man manche Tipps mitnehmen können. Auch Unternehmer und Sportvereine sind angesprochen. Sie verfügen oftmals über größere Grundstücke, die man auch im Sinne der Artenvielfalt und zur Verbesserung des lokalen Klimas herrichten könnte. Klimaschutz oder -anpassung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. In der modernen Gesellschaft spielt der Faktor Zeit eine große Rolle. Deshalb boomen ja auch die Schottergärten. Wer soll die angelegten Flächen pflegen? Wir wollen zeigen, dass eine naturnahe Anlage nicht arbeitsintensiver ist als ein Steingarten. Es wird zum Beispiel Zeit dadurch gespart, dass die Mähzyklen verlängert werden, oder dadurch, dass keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Man ändert einfach die Art der Bewirtschaftung. Steingärten sind im Übrigen totes Gelände. Kleinsttieren bieten sie keinen Lebensraum, in den Sommernächten sind sie Hitzeinseln und das Wasser von kräftigen Niederschlägen können sie nicht halten. TERMIN Infoveranstaltung „Kommunales und privates Grünflächenmanagement“, heute, Montag, 17.30 Uhr, im Verwaltungsgebäude der Verbandsgemeinde Leiningerland, Industriestraße 11. Vortragsthemen sind unter anderem: „Grünflächen als Steuerungselement einer klimagerechten Stadtentwicklung“, „Eh-da-Flächen: Ein Weg zu mehr biologischer Vielfalt in Agrarlandschaften und im Siedlungsbereich“, „Insektensterben und dessen Ursachen“. Im Anschluss an die Vorträge können Fragen gestellt werden.

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