Meinung Leitartikel: Frieden sei in uns

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Die Welt wird nur besser, wenn Egoismus, Hass und Extremismus zurückgedrängt werden. Im Kleinen wie im Großen.

Der Gruß „Frieden sei mit Euch“ ist, so oder ganz ähnlich, eine rituelle Handlung in vielen Glaubensgemeinschaften. In ihm drückt sich der Wunsch aus, Frieden und Einheit unter den Menschen zu schaffen. Doch wie steht es bei uns um Frieden und Einheit zwischen den Bürgern? Fangen wir im Kleinen an: in unserer Nachbarschaft, am Arbeitsplatz, im öffentlichen Leben. Da besteht kein Grund zur Schwarzmalerei. Denn es ist überall Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft, Höflichkeit sichtbar, ja auch Zufriedenheit und Freude. Aber es scheint zugleich so, dass es mehr Unzufriedenheit gibt, mehr Egoismus und Ellenbogeneinsatz. Der Tonfall in Leserbriefen oder in Talkshows ist rauer. Rechthaberei, Pöbelei und Hass scheinen keine Untugenden mehr zu sein, man lese nur in den sogenannten sozialen Netzwerken. Die Hemmschwelle, Gewalt gegen Sachen oder Personen auszuüben oder zu tolerieren, ist niedriger. Wo Misstrauen unter den Bürgern wächst, da nimmt auch das Misstrauen des Staates gegenüber seinen Bürgern zu. Dann reagiert er mit immer mehr Kontrolle, Gesetzen, Rechtseinschränkungen und Bürokratie. Der misstrauische Staat wiederum erzeugt nur noch mehr Misstrauen seiner Bürger, untereinander und gegen den Staat. Internationalismus wird als „elitär“ abgetan Gemeinschaft ist die Quelle der Freiheit. Nur in einer gemeinschaftlichen Nation kann der Staat die Freiheitsrechte des Einzelnen gewähren. Und nur, wenn jeder Einzelne in der Ausübung seiner Freiheit die Rechte und die Freiheit anderer nicht verletzt, kann der Staat seinem Zweck dienen, Gemeinschaft zu bilden und zu erhalten. Manches deutet darauf hin, dass Unfriede und Egoismus im Kleinen den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gefährden. Schauen wir auf die Welt: Auch im Verhältnis zwischen den Staaten nehmen Egoismus und Rücksichtslosigkeit zu. Die diplomatische Kunst der Annäherung und des Interessenausgleichs scheint ihre Hochzeit hinter sich zu haben. Internationalismus wird als „elitär“ abgetan. Politiker, die multilaterale Zusammenarbeit fördern, werden als „vaterlandslose Gesellen“ diffamiert.

Den Friedensgruß mit Leben erfüllen

Die Vereinten Nationen werden geschwächt, sogar ganz in Frage gestellt. Die Europäische Union steht erstmals in ihrer Geschichte vor einer Verkleinerung. Der Umgangston zwischen einigen Regierungen ihrer Mitgliedstaaten erinnert an den Nationalismus des 19. Jahrhunderts. Innerstaatliche Probleme auf Kosten anderer Nationen lösen zu wollen, steigert die Erfolgsaussicht bei Wahlen. Mit Hilfe der digitalen Medien werden Nachrichten massiv manipuliert, um Einfluss zu nehmen auf die Entwicklung in anderen Staaten. Die Manipulierer gewinnen immer mehr Macht, weil so viele Menschen sich manipulieren lassen. Frieden und Einheit zwischen den Staaten sind derzeit so stark gefährdet wie seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr. Wir müssen den Friedensgruß mit Leben erfüllen – im Kleinen und im Großen. An Weihnachten feiern wir, dass Gott in Jesus Mensch geworden ist, um uns Brüderlichkeit, Barmherzigkeit und Friedlichkeit zu lehren. Aus seinen Lehren sind zusammen mit anderen Einsichten die großartigesten Ideen der Menschheit entstanden: Frieden, Menschenwürde, Recht und Gerechtigkeit, Demokratie. Nur darauf zu hoffen, dass ein Erlöser kommt und uns vor den Gefährdungen von Frieden und Einheit bewahrt, ist zu wenig. Aber Jesus kann uns Vorbild sein, die Welt im Kleinen und im Großen zu verbessern. Friede in und mit uns selbst gibt uns die Kraft dafür.

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