Kolumnen Kolumne: Vom amerikanischen Einreise-Wahnsinn

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Die Freiheit macht schon was mit. Vor allem im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Denn da haben sie einen Präsidenten, der twittert und zum Zeichen der Stärke die Faust ballt. Als wäre er der Usain Bolt der Weltpolitik.

Wie schrecklich banal der Mann mit der Bananenfrisur doch ist. Wie ein Verrat an der alten Welt, die – Ironie der Geschichte – das Symbol der amerikanischen Unabhängigkeit gestiftet hat. Zum 100. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung hatten die Franzosen den Amerikanern die Freiheitsstatue geschenkt. Wenn auch mit zehn Jahren Verspätung. Es ist nun mal ein weiter Weg über den Atlantik.

Jeder kennt die Statute of Liberty auf Liberty Island im New Yorker Hafen. Und weiß, dass sie die rechte Hand mit einer Fackel nach oben streckt. Unter Sportlern und Sportlerinnen ist sie weit verbreitet, die Geste. Jedenfalls unter den Erfolgreichen. Es sei denn, sie sind berühmte brasilianische Fußballer. Die lassen sich zum Zeichen ihrer Größe gerne fallen. Aber viele andere haben die Faust in ihrem Repertoire. Damit schlagen sie zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie feiern sich selbst und schüchtern damit auch ihre Gegner ein. Da liegt es ja auf der Hand, dass ein so sportlicher Präsident wie Donald Trump damit hantiert, als sei er ein Koch und die geballte Hand seine Kelle. Immer stark.

Das wird ein Spaß

Wer so viel Power hat, der kann doch vor nichts und niemandem Angst haben. Doch da irrt sich die Geschichte. Die Amerikaner fürchten alles und jeden. Und deshalb ziehen sie die Daumenschrauben für alle, die legal und für längere Zeit ins Land wollen, immer mehr an. Gut, noch sind wir nicht so weit wie in Russland. Da brauchen wir für einen normalen Urlaub schon ein Visum. Aber: Big big brother is watching you. Der blonde Bro hat dich im Blick. Ja, dich! Komm du nur mal und beantrage ein Visum für zwei Jahre. Das wird ein Spaß. Seit Monatsbeginn will das State Department von dir jetzt alles wissen. Alles. Nein, nicht, ob du deinen Müll trennst, deine Schildkröte täglich fütterst und das Treppenhaus putzt. Sie möchten nur alle deine Kontakte. Also her mit allen E-Mail-Adressen, Chat-Namen und sonstigen Konten im Netz. Wer ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten will – und das für länger -, der kann also schön die Hosen runterlassen. Vielleicht ist es mal wieder an der Zeit, dass das alte Europa der Supermacht ein Geschenk macht. Ich wäre dann für die Nachbildung einer berühmten belgischen Brunnenfigur: Manneken Pis. Ist sicher eine Zierde für den Trump-World-Tower.


Die Autorin

Christine Kamm (53) aus Ludwigshafen arbeitet seit 2012 im Sportressort der RHEINPFALZ.

Die Kolumne

Christine Kamm und Sigrid Sebald schreiben abwechselnd in der Online-Kolumne "Ich sehe das ganz anders" über die großen und kleinen Überraschungen sowie Absurditäten des Alltags.

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