Rheinland-Pfalz Inkasso-Unternehmer aus Ludwigshafen: Freispruch gekippt

In der Vorderpfalz sitzen Inkasso-Firmen, deren Methoden immer wieder die Frankenthaler Staatsanwaltschaft beschäftigen. Nun ist
In der Vorderpfalz sitzen Inkasso-Firmen, deren Methoden immer wieder die Frankenthaler Staatsanwaltschaft beschäftigen. Nun ist der Bundesgerichtshof den Strafverfolgern beigesprungen und hat einen Freispruch für Geldeintreiber aus Ludwigshafen wieder aufgehoben.

Der Prozess gegen die Firma und ihre Anwälte muss wiederholt werden. Laut Bundesgerichtshof wurden sie zu Unrecht freigesprochen.

Um die 10.000 böse Briefe spucken allwöchentlich die Drucker aus, die ab 2009 in einem Ludwigshafener Innenstadt-Keller stehen und dort von Computertechnikern umsorgt werden. Weiter oben in dem Haus mit der repräsentativen Adresse sitzen derweil Frauen, die telefonieren, Akten sortieren und Unterlagen verschicken. Außerdem residieren in den Büros die zwei Chefs des Firmengeflechts. Und es gibt Platz für zwei Rechtsanwälte. Denn hier werkelt eine Inkasso-Truppe, die Druck auf säumige Schuldner machen will – auf dass sie endlich ihre offenen Rechnungen begleichen. Doch im Mai 2011 stören Polizisten die emsige Geldeintreiberei. Sie durchsuchen die Geschäftsräume, beschlagnahmen Verträge, kopieren die Datenbank. Ihr anfänglicher Verdacht: Hier werden angebliche Außenstände eingetrieben, die gar nicht aufgelaufen sind. Doch die Ermittlungen ergeben, dass die Empfänger der bösen Briefe tatsächlich Schulden haben: weil sie sich am Telefon Ginkgo-Präparate, Tiernahrung oder Stromverträge aufschwatzen ließen. Oder weil sie gegen Gebühr automatisch bei lukrativen Gewinnspielen angemeldet werden wollten.

Die Razzia im Inkasso-Büro ließ einen weiteren Verdacht keimen

Aus dem Schneider waren die Inkasso-Unternehmer und ihre Helfer trotzdem noch nicht. Denn die Razzia hatte der Justiz weitere Erkenntnisse beschert, Jahre später landeten die zwei Geldeintreiber-Chefs und ihre beiden Anwälte daher trotzdem noch vor Gericht. Allerdings endete das Verfahren um Betrugsvorwürfe im Januar 2018 mit Freisprüchen. Doch die hat der Bundesgerichtshof jetzt wieder kassiert. Andere Frankenthaler Richter werden daher den Prozess noch einmal von vorne führen müssen. Und sich dabei an Vorgaben aus Karlsruhe zu halten haben. Die übergeordneten Richter dort haben nun vor allem die Argumente zerlegt, mit denen ihre Pfälzer Kollegen das Wirken der angeklagten Rechtsanwälte als legal eingestuft hatten. Die waren an der Reihe, wenn Schuldner die ersten Mahnschreiben ignoriert hatten. Denn dann bekamen sie einen neuen bösen Brief: nun mit dem Briefkopf und der Unterschrift der Juristen. Und mit einer neuen Kostenaufstellung. Denn neben der ursprünglichen offenen Rechnung und Inkasso-Gebühren sollten die säumigen Schuldner jetzt auch noch Anwaltsgebühren überweisen.

Die Ober-Richter korrigieren ihre Frankenthaler Kollegen

Außerdem stand in diesen Schreiben, dass die Juristen sich im Auftrag der ursprünglichen Gläubiger melden. Die jedoch hatten formal nur die Inkasso-Firmen beauftragt, aber nicht deren Anwälte. Allerdings können Rechtsbeistände unter Umständen auch von sich aus aktiv werden, um die berechtigten Anliegen anderer Menschen zu verteidigen. Für so eine „Geschäftsführung ohne Auftrag“ dürfen sie auch Geld verlangen. Und die Frankenthaler Richter haben den Angeklagten im Inkasso-Prozess zugestanden, dass bei ihnen eine derartige Konstellation vorgelegen habe. Der Bundesgerichtshof allerdings hat jetzt angemerkt, dass sich das in diesem Fall auch anders bewerten ließe. Und dann hätten die Anwälte schon betrügerisch gehandelt, als sie sich Schuldnern in Briefen als für ihren Fall zuständige Juristen vorstellten. Allerdings lassen die Ober-Richter ihren Frankenthaler Kollegen für die Prozess-Neuauflage noch Bewertungsspielraum, denn sie geben Hinweise zu verschiedenen denkbaren Interpretationen. Kaum noch etwas zu deuteln bleibt allerdings, wenn es um die von den Inkasso-Advokaten eingeforderte Entlohnung geht.

Die Inkasso-Anwälte haben von Schuldnern zu viel Geld verlangt

Denn Kosten für ihr Engagement durften sie den Schuldnern nicht einfach nach Gutdünken in Rechnung stellen, sie hatten sich an die Gebührenordnung für Anwälte zu halten. Also haben die Karlsruher Richter nun überprüft, was die angeklagten Juristen dem Frankenthaler Urteil zufolge überhaupt geleistet hatten. Ergebnis dieser Nach-Kontrolle: Die Inkasso-Anwälte scheinen oft nur Standard-Briefe unterschrieben zu haben, ohne sich weiter mit dem Einzelfall zu beschäftigen. Doch abgerechnet wurden Beträge, die für anspruchsvollere Tätigkeiten vorgesehen sind. Für den Bundesgerichtshof ist damit klar: Die Angeklagten wurden zu Unrecht vom Betrugsvorwurf freigesprochen. Also muss der Prozess wiederholt werden, die Vorgaben aus Karlsruhe haben aber noch weitergehende Folgen. Denn in der Vorderpfalz ballen sich übel beleumdete Inkasso-Firmen, die untereinander Personal und Methoden austauschen. Frankenthaler Strafverfolger sind auch schon hinter weiteren Verdächtigen her – weil die in etwa so vorgingen wie jene Geldeintreiber, deren Drucker im Ludwigshafener Innenstadt-Keller allwöchentlich um die 10.000 böse Briefe ausspuckten.

x