Rheinpfalz Grünen-Landesparteitag: Klimakrise "live und in Farbe"

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Jutta Paulus (unten) wurde mit 92,4 Prozent der Delegiertenstimmen als Landesvorsitzende bestätigt.

Annalena Baerbock, Bundeschefin der Grünen, stimmt die rheinland-pfälzische Partei auf die Europa- und Kommunalwahlen ein.

Die Verkehrswende als Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz wird die rund 170 Delegierten der rheinland-pfälzischen Grünen erst am heutigen zweiten Tag ihrer Versammlung in Bingen beschäftigen. Ein Leitantrag, wie das Bundesland zum „Radland-Pfalz“ werden könnte, steht auf dem Programm, ebenso Anträge über die Abschaffung der Steuerprivilegien für den Flugverkehr und der Vorschlag, ein landesweites Sozialticket einzuführen.

Bahnreform gefordert

Wie eng für die Grünen Verkehrs- und Sozialpolitik zusammenhängen, machte gestern zum Auftakt des Parteitages schon die Bundesvorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, deutlich: „Klimapolitik ist auch eine sozialpolitische Frage. Wer wohnt denn an den stark befahrenen Straßen? Wer an Grenzwerten rumschraubt, verweigert den Ärmsten der Gesellschaft saubere Luft. Das ist zutiefst unsozial.“ Dass die Klimakrise „live und in Farbe“ angekommen sei, lasse sich vor der Tür beobachten. Der Tagungsort in Bingen liegt direkt am Rhein, dessen Niedrigwasser der Wirtschaft Probleme bereitet hat. Baerbock forderte eine Reform der Bahn, so dass sich jeder im 21. Jahrhundert eine Fahrt mit dem ICE leisten könne. Andere Länder machten das bereits vor. Baerbock verwies auf das an Rheinland-Pfalz angrenzende Luxemburg, das nicht nur durch die Legalisierung weicher Drogen auf sich aufmerksam macht, sondern auch durch den kostenlosen öffentlichen Nahverkehr.

"Vernichten unsere Lebensgrundlagen"

Während Baerbock mit ihren verkehrs- und sozialpolitischen Forderungen der Bundes-SPD die Themen streitig machte, fuhr der Ludwigshafener Bernhard Braun, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Mainzer Landtag, fünf Monate vor der Kommunal- und Europawahl einen Frontalangriff auf beide Koalitionspartner: „Die Sozialdemokratie hat keine Ahnung von Umweltpolitik, und die FDP will keine Ahnung haben von Umweltpolitik“, sagte er. Den Grünen als Teil der Koalition bescheinigte er, „gern und gut“ das Land zu regieren. Landeschefin Jutta Paulus legte ihr Augenmerk mehr auf die internationalen Auswirkungen. „Wir vernichten unsere Lebensgrundlagen in atemberaubendem Tempo“, warnte sie. Mit großer Mehrheit wurde die Pharmazeutin aus Neustadt an der Weinstraße im Amt bestätigt. Sie erhielt 92,4 Prozent der Stimmen, damit hat sie ihr Ergebnis im Vergleich zu ihrer ersten Wahl im vergangenen Jahr um 1,4 Punkte verbessert. Josef Winkler aus Bad Ems wurde mit 88,4 Prozent gewählt. Paulus wird voraussichtlich im nächsten Jahr ihr Amt niederlegen müssen, wenn sie in das Europaparlament gewählt wird. Ebenso wie der Europaabgeordnete Romeo Franz aus Ludwigshafen tritt sie auf einem aussichtsreichen Platz auf der Bundesliste für die Wahl am 26. Mai an.

Trennung von Amt und Mandat lockern?

So war die Frage nach ihrer Nachfolge ein Thema am Rand des Parteitags. Doch gehandelte Kandidatinnen wie Lisett Stuppy aus dem Kreisverband Donnersberg oder die frühere Integrationsministerin Irene Alt haben schon abgewunken. Die Frage, ob es angesichts der schwachen Finanzausstattung der Partei nicht doch sinnvoll sei, die Trennung von Amt und Mandat zu lockern, stellt sich möglicherweise im nächsten Jahr. Denn neben Paulus und Winkler zahlt die Partei auch der Schatzmeisterin ein Gehalt. Birgit Meyreis aus dem Kreisverband Mayen-Koblenz wurde mit 86,4 Prozent für weitere zwei Jahre bestätigt. Änderungen gab es lediglich beim erweiterten Vorstand. Nachdem Umweltministerin Ulrike Höfken die vergangenen zwei Jahre im Vorstand mitgearbeitet hat, stellte sich nun als Regierungsmitglied Integrationsministerin Anne Spiegel aus Speyer zur Wahl. Die bereits als Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2021 gehandelte 37-Jährige wurde mit 94,3 Prozent gewählt. Weitere Mitglieder des erweiterten Vorstands sind die Mainzer Umwelt- und Verkehrsdezernentin Katrin Eder (86,5 Prozent), Misbah Khan vom Kreisverband Bad Dürkheim mit 82,2 Prozent und Lisett Stuppy vom Kreisverband Donnersberg mit 86,5 Prozent. Als Bundestagsabgeordneter wurde Tobias Linder vom Kreisverband Germersheim mit 75,7 Prozent der Stimmen gewählt, Bernhard Braun ist als Mainzer Fraktionschef qua Amt Mitglied. Die beiden Pfälzer Paul Bunjes (Kreisverband Kaiserslautern) und Armin Grau aus dem Rhein-Pfalz-Kreis setzten sich jeweils gegen Mitbewerber durch. Lukas Hartmann aus Landau ist nicht erneut zur Wahl angetreten.

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