Sport Es fährt eine Tram nach nirgendwo

Bitte nicht falsch verstehen. Ich will mich nicht groß beschweren, ich weiß, dass ich privilegiert bin. Ich will es nur begreifen. Welche Idee steckt hinter der Entscheidung, die EM-Reporter in ein Hotel zu stecken, das rund zehn Kilometer von der Zagreber Innenstadt entfernt ist? Das in einem Gewerbegebiet liegt, mit Autowaschanlagen, einem Einkaufszentrum, brach liegenden Industrieanlagen und einem Autobahnanschluss. Was ist der Ansatz? Kroatien hat doch die EM auch nach Kroatien geholt, um Werbung zu machen für Kroatien. Ich habe den Organisatoren vertraut. Aber ein Shuttle fährt nur vom Hotel in die Arena.

Günstige Fahrten mit der Tram

Um vom Hotel Holiday zur Kathedrale zu kommen, beispielsweise, muss ich zunächst einmal 20 Minuten laufen. Dann bin ich bei Precko, der ersten Haltestelle/Endhaltestelle. Ich steige in die Linie 17, und dann sind es 20 Stationen. Immer wenn ich zurückfahre, ist die Tram zunächst voll mit Passagieren. Am Ende sind noch zwei, drei Leutchen im Wagen. Es fährt eine Tram nach nirgendwo. Fahrkarten kaufe ich nur im Fünferpack. Eine Fahrt mit den Öffentlichen kostet vier Kuna, umgerechnet rund 54 Cent. Das ist die gute Nachricht.

Lange Unterhosen gegen die Kälte

Meine Laufwege hier führten über Wiesen, Radwege, Feldwege, einmal lief ich zwei Kilometer parallel zur Autobahn, einmal stand ich nachts mutterseelenallein an einer sechsspurigen Schnellstraße, weil sich mein Mitstreiter aus Ulm umständehalber in die Büsche schlug. Am Wochenende war’s auch noch richtig kalt, die langen Unterhosen wurden reaktiviert. Zum ersten Mal ließ sich gestern die Sonne blicken. Die Kalorien aus der Weihnachtszeit haben sich mittlerweile in Luft ausgelöst, beim Betriebssport in zwei Wochen werde ich topfit sein. Meine Korrespondenz mit den Herren der Europäischen Handballföderation füllt Aktenordner. Hätte ich eine Uhr mit einem Schrittezähler, sie wäre vermutlich schon explodiert. Die Journalisten sprechen weniger über Spielverläufe, Prokops taktische Rochaden und die Chancen auf das Finale, sondern über Fahrpläne, Distanzen und die schöne EM in Polen 2016. Morgen ziehen wir um. Nach Varazdin. Dort steht die Hauptgruppe II an. Zwischen dem Medienhotel und dem der deutschen Mannschaft liegen 45 Kilometer. Nächste Folge - 2. Tag: Stjepans Freude

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