Sport Eiskunstlauf: Ein „ganz normales“ Paar?

Training auf olymischem Eis im südkoreanischen Gangneung: die nordkoreanischen Paarläufer Tae Ok Ryom (links) und Ju Sik Kim.
Training auf olymischem Eis im südkoreanischen Gangneung: die nordkoreanischen Paarläufer Tae Ok Ryom (links) und Ju Sik Kim.

Nordkorea trifft auf Südkorea

Tae ok Ryom und Ju Sik Kim schreiben Geschichte: Die Eiskunstläufer sind die ersten Nordkoreaner, die bei einem internationalen Wettkampf in Südkorea starten – und nun sind es gleich Olympische Spiele. Die Paarläufer hatten sich als erste Wintersportler ihres Landes qualifiziert, dann ließ Nordkorea die Nominierungsfrist verstreichen, auf Sondereinladung sind sie nun doch dabei.

Beredtes Schweigen

Als Spielball der Politik setzen die 19-jährige Tae ok Ryom und der 25-jährige Ju Sik Kim bei offiziellen Terminen vor allem auf Lächeln – und beredtes Schweigen. Beim Qualifizierungswettkampf im Herbst in Oberstdorf folgte ihnen ein Tross von US-Journalisten. Sogar ein Reporter der „New York Times“ kam ins Allgäu, allein wegen der politischen Umstände. Dabei haben die Läufer bereits sportlich Akzente gesetzt – mit Hebungen höchster Schwierigkeit und Programmen, die man nicht mit einem abgeschotteten Land verbindet. Ryom/Kim laufen in modernen Kostümen, sie im schicken Einteiler. Zur Kür erklingt ein kanadisches Chanson, zum Kurzprogramm Jeff Becks Version des Beatles-Klassikers „A Day In The Life“, in dem es um Zeitungsmeldungen geht, auch ums Thema Krieg.

Nicht alles wird übersetzt

Englisch aber verstehen die beiden Nordkoreaner nicht, die als Hobby Lesen und Musik nennen, dazu Tanzen (sie) und Fußball (er). Was sie an ihrem Sport fasziniert? Selbst eine harmlose Interviewfrage wie diese bleibt unbeantwortet. Ju Sik Kim sagt meist unverbindlich: „Wir wollen als Sportler wahrgenommen werden.“ Zumindest lautet so die Übersetzung – selbst wenn Kim höflich und beflissen länger spricht. Offenbar ist der Übersetzer angehalten, nicht alles wiederzugeben. Zumal Trainerin und „Verbandsvertreter“ mit beim Pressegespräch sitzen. Auf Fragen nach Olympia hieß es nur so knapp wie erhellend: „Das liegt nicht in unserer Hand.“ Selbst der kanadische Trainer Bruno Marcotte, der Ryom/Kim einige Wochen betreute, beteuert lediglich: „Sie sind gute Arbeiter und ganz normale junge Leute.“

Kurze Blicke hinter die Fassade

Letzteres stimmt vermutlich, insofern ein Leben in Nordkorea „normal“ sein kann. So ließ das Eispaar nach der Weltmeisterschaft 2017 in Helsinki, wo sie Platz 15 schafften, beim Abschlussbankett kurz hinter die Fassade blicken: Stolz posierten die Läufer mit anderen Sportlern in Anzug und Abendkleid, Ryom zückte ihr Handy. Und nachdem sich ihr „Verbandsvertreter“ verabschiedet hatte, gönnen sie sich fröhlich kichernd etwas Wein. Auch mit den Südkoreanern Kyueun Kim und Alex Kang Chan Kam gibt es keine Berührungsängste. Schon öfter trainierte man gemeinsam, zuletzt Anfang Februar bei den Vier-Kontinente-Meisterschaften in Taipeh, dem Gegenstück zu den Europameisterschaften. Die Nordkoreaner gewannen dort ihre erste Medaille: Bronze. Die Südkoreaner sind schwächer, dürfen nur mit einer Gastgeber-„Wild Card“ bei Olympia starten. Und vielleicht steht bei beiden Teams Bruno Marcotte mit an der Bande: Der Kanadier trainierte Ryom/Kim wie Kim/Kam und sagt: „Da gibt es keine Konflikte.“ Abgesehen von der Namensähnlichkeit.

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