Rheinpfalz Die Spenden-Miesmacher

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Für die Pariser Kathedrale Notre-Dame rollt eine überwältigend große Spendenwelle an. Doch die Helfenden werden gescholten. Was für eine verquere Debatte!

Notre-Dame stand in Flammen. Der ganzen Welt trieb es die Tränen in die Augen. Gleichsam über Nacht steht nun schon fast die erste Milliarde Euro an Spendenzusagen für den Wiederaufbau. Allein die drei reichsten Familien Frankreichs geben zusammen eine halbe Milliarde. Dafür ernten sie nicht etwa Dank, sondern Kritik.

Wer so redet, kämpft den falschen Kampf

Gewerkschafter, linke Politiker und Gelbwesten maulen, das Geld gebühre besser den Armen. Hilfsorganisationen beklagen klamme Kassen. Und bei uns bekommt NRW-Ministerpräsident Armin Laschet im Internet Breitseiten ab wegen seines Spendenaufrufs für Notre-Dame, wo doch vor der Haustür so Vieles im Argen liege. Ist es herzlos, für tote Steine zu spenden statt für Lebende in Not? Wer so redet, kämpft den falschen Kampf. Viele Menschen unterstützen ja allerlei Hilfsprojekte, darunter sind übrigens auch viele reiche Mäzene. Spender-Großmut funktioniert aber nicht als kleinliche Krämerrechnung; sie wächst, wenn etwas unsere Seele anfasst. Wer Spender mies macht, schließt deren Geldbeutel ganz zu. Wer Reichen übelnimmt, dass sie viel zu geben haben, kleidet seinen Neid in ein moralisches Mäntelchen.

Neuer Zusammenhalt Europas

Unglück und Not lassen sich auch nicht in Rangfolgen pressen. Die Kritikaster streiten ja schon, wo das viele Geld hin müsste: Zur Rettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer? Für verarmte Rentner? Für die Zyklon-Opfer in Mosambik? Für den sozialen Brennpunkt im eigenen Land? Toter Stein – das ist nicht das Gefühl der Pfälzer für ihren Speyerer Dom. Das war nicht das Gefühl der Spender beim Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche. Notre-Dame ist ein Wahrzeichen der Christenheit, ein Wahrzeichen Europas. Sie trägt in ihren jahrhundertealten Steinen, worauf wir uns gründen und was uns Jahrhunderte überdauern soll. Wenn viele Europäer mit anpacken, wenn viele spenden, kann aus dem lodernden Schrecken dieser Karwoche neue Hoffnung erwachsen, gar ein neuer Zusammenhalt Europas. Es fängt ja schon an: Die Juden und Muslime Frankreichs sammeln Spenden für eine Kathedrale. Und im Kölner Dom geht an Ostern für Paris der Klingelbeutel um. Welch ein Trost!

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