Meinung Babymord-Verfahren: Souveräner Schluss-Auftritt des Chef-Richters

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Der Vorsitzende zeigte sich bei der Urteilsbegründung bestens vorbereitet - da kann mancher Kollege noch was lernen.

Während sich der Babymord-Prozess immer weiter in die Länge zog, lästerten Frankenthaler Juristen immer lauter über den Chef des Verfahrens: Alexander Schräder sei zwar ein guter und fleißiger Kenner des Rechts. Doch wie man als Vorsitzender Richter derart komplizierte Verhandlungen vorausschauend und souverän leitet, müsse er erst noch lernen. Tatsächlich hat er sich im Gerichtssaal bisweilen selbst ein Bein gestellt. Doch dafür hat er am Freitag seine Qualitäten gezeigt – in einer Situation, in der viele seiner Kollegen schwächeln.

Nur das Schriftliche zählt

Denn am Ende eines Prozesses müssen Richter nicht nur verkünden, welches Urteil sie gefällt haben. Sie sollen dem Angeklagten und der Öffentlichkeit auch erläutern, aus welchen Gründen sie zu ihrer Entscheidung gekommen sind. Doch juristisch ist das, was sie in diesem Moment vortragen, nahezu ohne Belang. Denn für alle weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen zählt die schriftliche Urteilsverkündung, die sie später in aller Ruhe am Schreibtisch ausarbeiten können.

Auch für Nichtjuristen verständlich

Entsprechend zusammengeschludert und sprunghaft wirkt daher bisweilen, was Richter im Gerichtssaal über die Gründe ihrer Entscheidung vortragen. Schräder hingegen trat am Freitagmorgen bestens vorbereitet an seinen Richtertisch: Was er sagte, hatte eine klare Struktur und war in sich schlüssig. Und vor allem: Er bemühte sich, auch für Nichtjuristen verständlich zu argumentieren. So zeigte er: Er weiß, dass die Justiz nicht nur um sich selbst kreisen darf. Da können manche seiner Kollegen noch von ihm lernen.

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