Sport „Wir sind Handball-Verrückte“

Fast vier Jahre lang war Gudmundur Gudmundsson Trainer der Rhein-Neckar-Löwen. Am Samstag kann er mit seiner Mannschaft Meister werden. Das wäre ein großartiger Abschied, findet der 53-jährige Taktikfuchs, der künftig Nationaltrainer Dänemarks sein wird.

Herr Gudmundsson, der THW Kiel hat nachgezogen, der Titel-Mitkonkurrent hat in Nettelstedt wieder einen Kantersieg gelandet, der Vorsprung Ihrer Mannschaft beträgt nur noch sieben Tore. In Prozent ausgedrückt: Wie groß ist die Chance, dass die Löwen den ersten deutschen Meistertitel holen?

Das Rechnen überlasse ich anderen. Ich sehe, dass die Chance da ist. Trotz allem, wir wissen, dass wir eine realistische Chance haben. Sicher ist aber: Wir müssen deutlich in Gummersbach gewinnen. Haben Sie es am Sonntag tatsächlich so gemacht und sich das Kieler Spiel nicht im Fernsehen angeschaut? Ja, so war es, ich habe mir das Spiel nicht angeguckt. Wir konzentrieren uns auf uns. Alles andere können wir nicht beeinflussen. Wir werden alles dafür tun, um am Ende oben zu stehen. Wie oft haben Sie sich den VfL Gummersbach auf Video angesehen? Fünf Mal. Dabei war auch unser eigenes Spiel in der Hinserie. Blenden wir den letzten Spieltag mal ganz kurz aus. Sie waren fast vier Jahre Trainer bei den Löwen. Wie bewerten Sie die vier Jahre? Es war eine gute Zeit für mich. Ich finde, wir waren sehr erfolgreich, vor allem die beiden letzten Jahre. Der Neuaufbau war schwierig, aber es war der richtige Weg. Wir haben jetzt eine Mannschaft, in der die Spieler einfach zu einander passen, wir haben Spieler mit viel Siegeswillen und Charakter. Und es ist Ihre Mannschaft, die Mannschaft, die Sie zusammengestellt haben! Ja, mehr oder weniger, ich habe versucht, Einfluss auf den Kader zu nehmen. Wir hatten ja finanzielle Grenzen, wir mussten Spieler holen, die in den Etat passen. Ihr Fußball-Kollege Jürgen Klinsmann hat sich mal auf die Fahnen geschrieben, seine Spieler jeden Tag ein bisschen besser zu machen. Meiner Meinung nach ist Ihnen das bei den Löwen ganz hervorragend gelungen. Andy Schmid, Niklas Landin, Patrick Groetzki, alle haben zugelegt! Ja, das sehe ich auch so. Ich nehme viel Einfluss auf meine Spieler, ich probiere, sie noch besser auszubilden. Durch Training auf höchstem Niveau verbessern sie sich. Vier Jahre bei den Rhein-Neckar-Löwen: Gab es da auch Erlebnisse, an die Sie nicht mehr so gerne zurückdenken? Nein, das kann ich eigentlich nicht sagen. Die vier Jahre haben viel Spaß gemacht. Wobei ich als Trainer viel investiert habe. Ich habe alles gegeben, ich habe mein Leben und meine Seele investiert. Und ganz wichtig: Die Zusammenarbeit mit Tomas Svensson war sehr, sehr gut. Wir sind zwei Handball-Verrückte. Der Anfang war nicht einfach … Als ich die Löwen im ersten Jahr übernommen habe, haben wir noch den Sprung ins Final Four geschafft. Das war stark. Das zweite Jahr war sehr schwer, wir hatten zehn Abgänge. Wir hatten einen Riesenumbruch. Das war nicht einfach. Im dritten Jahr gab es den Neuaufbau, und wir haben im Europapokal den ersten Titel geholt. Jetzt stehen wir glänzend da, wir haben in diesem Jahr in der Liga alle Spiele gewonnen! Wird man Sie noch einmal als Klub-Trainer sehen oder schließen Sie das aus? Nein, man soll nie nie sagen. Nach dem Heimsieg gegen Melsungen sagten Sie, Sie hätten eine Träne verdrücken müssen. Wird das am Samstag und Sonntag auch wieder passieren? Ich glaube schon. Aber ich hoffe, es geht in Richtung Freudenträne.

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