Sport „The Rogg“ einmal ganz weich

Mannheim. Gar nicht schlecht für einen Abwehrspieler: Oliver Roggisch erzielte gestern in seinem Abschiedsspiel sechs Tore, vier für die Rhein-Neckar-Löwen, zwei für die Nationalmannschaft. Die Löwen unterlagen in der ausverkauften SAP-Arena 34:39 (22:24). Klar: Es lag ein Schatten über dem Abschiedsspiel des Nationalmannschaftskapitäns.

Mit seinen Rhein-Neckar-Löwen verpasste Roggisch am Samstagnachmittag den ersten deutschen Meistertitel hauchdünn. Am letzten Spieltag gewannen die Löwen beim VfL Gummersbach 40:35, derweil der THW Kiel die Füchse Berlin 37:23 deklassierte. In der Endabrechnung setzte sich der THW mit einer um zwei Treffer besseren Tordifferenz durch Noch beim Aufwärmen war den Löwen-Spielern gestern die Enttäuschung anzusehen. Es gab viele Blicke, die ins Leere gingen. Manager Thorsten Storm sagte: „Es ist trotz allem eine wunderbare Geschichte. Wir haben es in Gummersbach gut gemacht, aber nicht gut genug.“ Kapitän Uwe Gensheimer meinte: „Es fühlt sich immer noch so an, als ob man uns etwas weggenommen hätte.“ Aber es ging ja um Oliver Roggisch, den alten Mitstreiter, und so bereiteten sie dem Kollegen, Freund und künftigem Teammanager einen würdigen Abschied. Roggisch fuhr mit einem Motorrad ein, wurde dann von einem Polizisten herausgewunken und betrat das Spielfeld. Er gab noch einmal alles, lief mit einer Pauke an den Tribünen vorbei, heizte den Zuschauern ein. Er warf einen verwegenen Siebenmeter, putzte mit seinem Trikot den Boden, stellte sich zwischen die Pfosten und zeigte dem kleinen Jungen von Alexander Petersson, ab wo er den Strafwurf Richtung Nationaltorwart Andreas Wolf werfen durfte. Und als der kleine Petersson verwarf, schickte er ihn noch einmal hin, Wiederholung! Beim zweiten Mal war der Ball drin. Auch das Maskottchen Conny und der frühere Löwe David Szlezak durften bei der kurzweiligen Show-Veranstaltung zum Siebenmeter antreten. Und zwischendrin: Immer mal Interviews mit Zeitgenossen Roggischs. So verriet Bundestrainer Martin Heuberger, der seinen Schützling schon in der Jugend bei TuS Schutterwald betreute, dass Zusammentreffen mit dem Abwehr-Ass durchaus schmerzhaft sein konnten. Wie 2007, als Roggisch vor WM-Spielen dem damaligen Assistenten zum Zwecke der Motivation vor die Brust schlug … Die Uhr zeigte 59:02 Minuten Spielzeit an, als der symbolische Abpfiff kam: Jeder Löwen-Spieler hatte eine Rote Karte und hielt sie Roggisch vor das Gesicht. Über 400 Bundesligaspiele, über 200 Länderspiele, in dem Moment Vergangenheit. Sichtlich gerührt lief Roggisch, laut Mimi Kraus ein „sehr, sehr, sehr, sehr sehr lebensfroher Mensch“, eine Ehrenrunde. Die Statements fielen ihm schwer. Er hatte eine Wette laufen, ob er Tränen würde vergießen müssen. Die hat er verloren. DHB-Präsident Bernhard Bauer verabschiedete ihn, das „Gesicht“ des deutschen Handballs. „Oliver Roggisch war oft der Fels in der Brandung, das war ein Spieler, der nie aufgegeben hat“, lobte ihn der DHB-Präsident. Und freute sich zugleich, dass er dem Verband als Manager erhalten bleibt. Neben Oliver Roggisch wurden bei den Löwen auf der Bühne noch Trainer Gudmundur Gudmundsson, Co-Trainer Tomas Svensson, Nikola Manojlovic, Sergej Gorbok, Isaias Guardiola, Zarko Sesum, Rajko Prodanovic und Goran Stojanovic verabschiedet. Marius Steinhauser (zwei Kreuzbandrisse) machte im Abschiedsspiel seine ersten Gehversuche. „Es war eine schöne Zeit“, betonte Gudmundur Gudmundsson, dem zu Beginn des Nachmittags der Frust über das Titel-Aus auf der Zielgeraden noch deutlich anzumerken war. Der Titel wäre gerade für ihn, den Perfektionisten, der perfekte Ausstand gewesen. Bei der Nationalmannschaft fehlten die Kieler Spieler Patrick Wiencek und Dominik Klein, Füchse-Torhüter Silvio Heinevetter saß nur in Zivil auf der Bank …

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