Sport „Der Druck in Kiel ist immer hoch“

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Kiel. Thorsten Storm (52) ist seit 1. November 2014 wieder Geschäftsführer beim Handball-Branchenführer THW Kiel. Davor war er sieben Jahre bei den Rhein-Neckar-Löwen, die morgen (18.30 Uhr) in Kiel gastieren.

Herr Storm, Ihre verjüngte Mannschaft zeigt noch Leistungsschwankungen, dennoch ist ihre Entwicklung imponierend. Hätten Sie gedacht, dass sie so rasch vor sich geht?

Der Erwartungsdruck in Kiel ist immer hoch, egal ob man eine junge oder eine eingespielte Mannschaft hat. Wir sind natürlich Realisten, wir wissen, dass alles im Handball seine Zeit braucht. Ich glaube auch, dass wir sehr hoffnungsvolle Spieler dazu geholt haben, Spieler, die nicht jeder auf der Rechnung hatte. Dazu haben wir mit Andreas Wolff sehr frühzeitig eine Verpflichtung getätigt, als bei ihm die Entwicklung für viele noch gar nicht abzusehen war. Alles in allem sind wir ganz gut im Fahrplan. Dass wir jetzt mit den beiden anderen Klubs da oben stehen, spricht ja für die gute Arbeit – und für die gute Stimmung in der Truppe. Und der Fahrplan ist: nächste Saison wieder absolutes europäisches Top-Niveau zu erreichen? Der THW war ja viele Jahre lang die Top-Mannschaft. Und da wollen wir auch wieder hin. Es liegt noch viel Arbeit vor uns, aber wir glauben, dass wir Schritt für Schritt diesem Vorhaben immer näherkommen. Am Mittwoch steigt das Spiel gegen die Rhein-Neckar-Löwen. Ihr Eindruck vom Meister in dieser Saison? Ich habe die Löwen diese Saison noch gar nicht spielen sehen, deswegen kann ich dazu nichts sagen. Fakt ist: Die großen Drei sind sehr konstant. Fällt die Entscheidung diesmal in den Duellen untereinander? Wir ärgern uns so ein bisschen über den Spielplan. Gleich am zweiten Spieltag mussten wir innerhalb von 48 Stunden zweimal antreten, das war auch mit ein Grund dafür, warum wir damals in Wetzlar nicht ganz auf der Höhe waren. Das tut jetzt natürlich noch weh, aber wir haben Flensburg zu Hause geschlagen. Das wollen wir jetzt auch gegen die Rhein-Neckar-Löwen schaffen. Der Stachel, dass die Löwen Meister geworden sind, sitzt der noch tief? Was gestern war, ist heute schon zweitrangig. Wer Meister war, hat es auch verdient. Darüber muss man nicht diskutieren. Sie haben kürzlich in der „Handball-Woche“ gesagt, die Spieler sollten die Priorität ganz klar auf den Verein legen, vor der Nationalmannschaft … Da bin ich ein Stück weit falsch zitiert worden. Wenn ein Spieler im Verein nicht einsatzfähig ist, dann kann er auch nicht zur Nationalmannschaft fahren. Wie das Steffen Weinhold jetzt leider passiert ist. Wir freuen uns über jeden, der für sein Land spielt. Und wir unterstützen das ja auch. Sonst hätten wir ja auch nicht so viele Nationalspieler. Der Spieler, der Bundesliga spielt, Champions League, Pokal und Nationalmannschaft, der hat nur vier Wochen Pause im Sommer. Das ist nicht nur für den Körper schwierig, sondern auch für den Kopf. Verletzungen passieren immer dann, wenn man müde ist. Wir würden trotzdem nie jemandem raten, nicht Nationalmannschaft zu spielen. Gleichwohl: EM-Star Hendrik Pekeler verzichtet auf die WM. Ist das korrekt? Er würde sicherlich gerne fahren. Aber er will seinen Akku aufladen. Markus Baur hat gesagt, dass alle damit klarkommen würden. Vielleicht meint er die Nationalspieler, die nur Bundesliga spielen. Aber den Spielern, die international mit ihren Vereinen unterwegs sind, sollte man für ihren Dauereinsatz schon das nötige Verständnis entgegenbringen. Ich kann Pekelers Entscheidung verstehen. Das heißt aber nicht, dass ich das gut finde, wenn jemand verzichtet. Es gibt einen neuen Fernsehvertrag. Wie finden Sie ihn? Zunächst ist es mal gut, dass wir diesen Vertrag haben. Das wird dem Handball helfen, auch bei der Sponsorensuche. Sky steht für eine sehr hohe Qualität, was die Übertragung der Spiele betrifft. Die Kombination mit den Öffentlich-Rechtlichen ist das Interessante. Das hat es noch nie gegeben, das bringt Reichweite, das bringt die Sportschau, das wird Sponsoren auf den Plan rufen, weil Fußball ja eigentlich nicht mehr bezahlbar ist. Wir haben nun eine große Reichweite zu bezahlbaren Preisen. Das wird dem Handball sehr helfen. Trotzdem hoffe ich nicht, dass die Gelder, die mehr eingenommen werden, in die Spielerkader investiert werden. Sie müssen vielmehr in die Infrastruktur investiert werden, in Qualität in den Geschäftsstellen, in das Produkt, damit wir den Medien auch gerecht werden. Die Bundestrainer-Suche wird von vielen als nicht glücklich angesehen. Ihre Meinung? Festzuhalten ist, dass Bob Hanning mit der Verpflichtung von Dagur Sigurdsson ein glückliches Händchen hatte. Es ist schade, dass er jetzt abtritt, aber das muss man akzeptieren. Dass Hanning die Nachfolgersuche öffentlich machte, hat für ihn selbst den Hintergrund, dass er es transparent darstellen wollte – aber das war sicherlich nicht so glücklich. Als Bundestrainer bist du ja nicht in der täglichen Arbeit gefragt, Du musst vor allem eine Stimmung erzeugen. Und Christian Prokop kann so eine Stimmung erzeugen? Ich kenne ihn zu wenig, ich kann das schwer beurteilen. Ich habe aber nur Gutes gehört. Es gab auch andere Kandidaten: Markus Baur, Martin Schwalb, der hätte auch das Zeug dazu. Wichtig wird sein, dass man die richtigen Nationalspieler dabei hat – und im Moment haben wir gute Spieler. | Interview: Udo Schöpfer

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