Sport „Der Antrieb ist riesengroß“

Heidelberg . Uwe Gensheimer sitzt entspannt in einem Café in der Heidelberger Altstadt. Die Haut ist gebräunt, sein Urlaub liegt gerade erst ein paar Tage zurück. Der Kapitän des Handball-Bundesligisten Rhein-Neckar-Löwen hat die Pause genutzt, um Körper und Geist zu entspannen. Vor dem Trainingsauftakt heute sind die Akkus beim Linksaußen wieder aufgefüllt, nachdem die letzte Saison mit einer Enttäuschung endete.


Wie bewerten Sie mit etwas Abstand die Enttäuschungen nach verpasster Meisterschaft und WM-Qualifikation?

Jeder weiß ja, dass es mein größter Wunsch ist, einmal mit den Löwen Meister zu werden. Entsprechend groß war die Enttäuschung, als es so knapp nicht gereicht hat. Das war in dem Moment so, als ob jemand meinen Stecker gezogen hätte. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich nach dem Spiel noch Interviews gegeben habe. Man funktioniert in so einer Situation nur noch, es fühlt sich fast ein bisschen so an, als werde man ferngesteuert. Was war der Unterschied zur sportlich verpassten WM-Quali? Bei der Nationalmannschaft weiß man, dass ein ganzes Land mitzittert und für die Sportart insgesamt mehr auf dem Spiel steht. Ganz unabhängig davon war der Frust groß, weil wir es zunächst nicht geschafft haben, weil man als Sportler natürlich eine Weltmeisterschaft spielen möchte. Jetzt ist die deutsche Mannschaft wegen einer undurchsichtigen Entscheidungsfindung doch dabei. Wie bewerten Sie die Entscheidung? Die ganzen Hintergründe habe ich gar nicht im Detail mitbekommen, aber ich muss gestehen, dass ich zunächst einmal ganz egoistisch denke und mich darüber freue, denn ich möchte mich immer mit den Besten messen. Und ich bin sicher, dass wir in Katar zeigen werden, dass wir zu einer WM gehören und verdient dabei sind. Heute startet das Training mit den Löwen. Haben knapp vier Wochen nach dem letzten Saisonspiel gereicht, um neue Kraft zu sammeln? Ich kann da natürlich nur für mich sprechen. Ich fühle mich wieder fit. Der Urlaub mit meiner Freundin auf den Malediven war wichtig, dort konnte ich total abschalten und neue Kraft sammeln. Es war toll, ich stieg aus dem Flugzeug und war sofort im Urlaubsmodus, das war Gold wert. Wie groß ist jetzt die Neugierde vor dem Start in die Vorbereitung? Die ist in jedem Fall vorhanden. Wir haben ja einen neuen Trainer und dadurch wird sich schon etwas verändern. Ich habe ein sehr gutes Gefühl mit Nikolaj Jacobsen und freue mich auf die Zusammenarbeit. Zudem haben wir ein paar neue, junge Spieler. Es wird ganz sicher spannend, wie wir uns zusammenfinden. Der Stamm der Mannschaft kennt das bittere Gefühl der knapp verpassten Meisterschaft und ist ohnehin ein verschworener Haufen. Die neuen Spieler waren da nicht dabei. Fürchten sie, dass die Homogenität verloren geht? Nein, überhaupt nicht. Wir werden in den kommenden Wochen zusammenwachsen. Und die Aufgabe der alten Spieler ist es, den neuen zu verdeutlichen, wie groß der Schmerz war und dass wir das nicht mehr erleben wollen. Was glauben Sie: Wird dieser Schmerz das Team stärker oder schwächer machen? Ich bin fest davon überzeugt, dass wir daraus gestärkt hervor gehen werden. Bei mir ist der Antrieb, der daraus entstanden ist, riesengroß und so wie ich meine Teamkollegen kenne, geht das jedem von uns so.

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