Sport Schneeflocken garnieren Bilderbuchtag

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Sinsheim. Als beide Mannschaften in der Dämmerung mit Pudelmützen aufs Eis marschierten, dahinter ihre Trainer in Collegejacke anstelle des sonst üblichen Anzugs, war das Motto „The good old Hockey game“ perfekt umgesetzt. Das Winter Game in Sinsheim begeisterte 25.022 Eishockey-Fans.

Da hatte auch ein gebürtiger Bayer im Team der Adler Mannheim seinen Frieden mit dem sonst milden Klima der Kurpfalz geschlossen. „Ich bin jetzt fünf Jahre in Mannheim, und das erste Mal hat’s geschneit“, befand Torwart Dennis Endras spöttisch. Spätestens zu Beginn des letzten Drittels der Ligapartie gegen die Schwenninger Wild Wings (7:3, RHEINPFALZ am SONNTAG berichtete) rieselte es Flocken vom Himmel aufs freiliegende Eis. So viel, dass die Szenerie jetzt wirklich wirkte wie ein zugefrorener Weiher irgendwo in Kanada. Und so wenig, dass die Eismaschine nicht ausrücken musste zwecks Instandhaltung der Spielfläche mit ihren 105.000 Metern Kälteleitungen darunter. Sinnbild eines Spektakels, bei dem alles passte. Das Ergebnis natürlich nur aus Mannheimer Sicht. „Einen Tick zu hoch“ war’s ausgefallen, das gab auch Adler-Stürmer Christoph Ullmann völlig zu Recht zu. Bis zu einer Schwenninger Überzahl bei Mannheimer 4:3-Führung noch im Schlussabschnitt war die Partie ziemlich ausgeglichen. Da rettete Endras seinem Team die Führung, bevor Chad Kolarik sein zweites kurioses Tor erzielte. „Das erste Mal war’s beabsichtigt, beim zweiten Mal habe ich von einem glücklichen Abpraller profitiert“, bekannte der Torjäger der Adler (jetzt 17 Treffer), der beide Male Gegenspieler als Abfälschopfer benutzt hatte. Können, Berechnung, Glück – alles zusammen. Und Schwenningens Coach Pat Cortina stellte klar: „Glück hilft dem besseren Team.“ Das waren am Ende die Adler. Sportlicher Höhepunkt des denkwürdigen Tages im Fußballstadion war das 6:3, das von Brent Raedeke großartig vorbereitete zweite Tor Matthias Plachtas. Das hatte schon etwas Showcharakter, alles zuvor war harte Arbeit auf hartem Eis. „Unsere Einstellung war: Es geht um drei Punkte, aber wir wollen das Spiel genießen. Es ging um diese Balance, die haben wir hinbekommen. Es war eine große Ehre, Teil davon gewesen zu sein“, sagte Adler-Trainer Sean Simpson. Den Umgang mit der ungewohnten und großartigen Atmosphäre beschrieb Christoph Ullmann so: „Beim Aufwärmen wollten wir alles drumherum aufsaugen, um dann ab dem ersten Bully völlig konzentriert zu sein.“ Die Kälte sei dabei eher ein Faktor für die tapferen Zuschauer gewesen, fand der Stürmer: „Zuletzt in Straubing hatte es auch minus fünf Grad.“ Apropos Zuschauer, unter ihnen auch Ex-Fußball-Weltschiedsrichter Markus Merk aus Kaiserslautern: Mit der Auslastung – 26.500 Besucher hätten ins Stadion gepasst, da die ersten sechs Sitzreihen wegen Sichtbehinderung gesperrt wurden – war Daniel Hopp zufrieden, zumal ein paar Karten mehr verkauft worden seien. Aber offenbar ließen sich doch einige von der Kälte und dem drohenden Eisregen auf der Autobahn vom Besuch abhalten. „Den Schnee hatten wir sogar ein bisschen erhofft, dass er dann kam, war umso schöner“, freute sich Hopp an einem „Bilderbuchtag“ und lobte die lauten Zuschauer, auch die Schwenninger Fans in ihrer prall gefüllten Kurve. Der Adler-Gesellschafter atmete einmal tief durch, um dann festzustellen: „Jetzt liegt noch mal Arbeit vor uns, bevor wir der TSG Hoffenheim das Stadion wieder übergeben.“ Stichworte: Abbau und Rasenrenovierung. Für Franz Reindl, den Präsidenten des Deutschen Eishockey-Bundes, war „dieses Spiel pure Vorfreude auf die Weltmeisterschaft im Mai in Köln“. Die Adler müssen nun in den Alltag zurückfinden. Ab heute wird wieder trainiert, am Mittwoch gespielt. Dann mit Dach überm Kopf, wie immer. Kommentar, Telegramm

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