Eishockey Der Titelsammler kehrt heim

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Mannheim. Wie gut für bereits rund 9000 Eintrittskartenbesitzer, dass Statistiken zwar schön für den Computer oder auf Papier sind, aber auch nicht mehr. Denn wenn es nach ihnen ginge, müsste die heutige Partie in der Mannheimer SAP-Arena gar nicht erst angepfiffen werden: Die Adler, bisher siegreich in sämtlichen Heimspielen dieser Eishockey-Saison, empfangen die auswärts gänzlich erfolgsbefreite Düsseldorfer EG (Beginn: 19.30 Uhr).

„Das heißt nur, dass sie hier mit einer gehörigen Portion Verzweiflung auflaufen werden“, ahnt Mannheims Trainer Geoff Ward. Und viel Grund, sich allzu sicher zu fühlen, hat seine Mannschaft nach der 2:5-Niederlage in Schwenningen trotz ihrer weiter recht komfortablen Situation an der Tabellenspitze, auch nicht gerade. Als „wichtige Lehrstunde“ erachtet Ward die Derbyschlappe, immer das Ziel im Hinterkopf, „zum Ende der Saison hin unser bestes Eishockey zu spielen.“ Heute wird Verteidiger Dominik Bittner fehlen, der krank war und dabei einiges an Gewicht verloren hat. Verlieren tut niemand gern, aber gerade zu Saisonbeginn, wenn alles noch korrigierbar ist, kann eine Niederlage nützlich sein. „Ein paar Sachen schleichen sich immer ein, auch bei Siegen“, war Youri Ziffzers Wahrnehmung während der Erfolgsserie vor dem Schwenningen-Spiel mit sieben Punktedreierpacks in Folge. Nun könne umso unvoreingenommener an diesen Dingen gearbeitet werden. Der Torwart ersetzte in Schwenningen nach dem Treffer zum 1:4 Dennis Endras, schluckte selbst kein Gegentor mehr – beim 2:5 hatte Ziffzer zugunsten eines weiteren Feldspielers seinen Kasten verlassen. Dass er kalt von der Bank in einen brodelnden Hexenkessel kam, beeindruckte den Neuzugang nicht sonderlich: „Unser Job ist es, sofort bereit zu sein.“ Das Wort Backup-Goalie vermeidet Trainer Ward, für ihn haben die Adler einen Torwart Nummer 1 und einen 1b – letzterer ist eben Ziffzer, der diese Rolle kennt und annimmt. Als Berliner Eisbär wurde er viermal deutscher Meister, zuletzt als Kölner hätte er dieser Sammlung gern mindestens einen weiteren Titel angefügt. „Aber im Finale zu verlieren, das ist nicht lustig“, musste er erfahren. Schon als Talent durfte sich der heute 28-Jährige Deutscher Meister nennen – als Jungadler in Mannheim. Dass er nun vor dieser Saison nach genau zehn Jahren Abwesenheit nach Mannheim zurückkehrte, „fühlte sich an wie heimkommen“, betont Ziffzer: „Meine Frau stammt ja aus Mannheim, und ich bin mit 13, 14 zu Hause ausgezogen, um hier bei den Jungadlern zu spielen. Das prägt.“ Seine Frau Victoria ist die Tochter von Mannheims Eishockey-Legende Harold Kreis, der jetzt als Trainer des EV Zug in der Schweiz arbeite. Mit ihm fachsimpelt Ziffzer oft über Eishockey – aber vor allem über Kreis’ Enkeltöchterchen Sophia. Geboren wurde Ziffzer – für einen Eishockeyprofi untypisch – in Singapur. Sein Vater arbeitete damals in Fernost drei Jahre lang für eine Bank. Für die Adler bestritt der Linksfänger einige gute Partien der Champions Hockey League und in der Liga den Schlager gegen seinen Ex-Klub Kölner Haie. „Er kannte die Schützen des Gegners“, begründete Geoff Ward diesen Einsatz – Ziffzer dankte es mit einer Top-Leistung. „Mit meinen Spielen kann ich zufrieden sein, und nur das habe ich unter Kontrolle“, antwortet der Torwart diplomatisch auf die Frage, ob er mit der Anzahl seiner Einsätze leben kann. Auf das derzeitige Chaos in Köln kann er gut verzichten: „Man spielt lieber in einem Verein, wo es ruhig ist, als dort, wo Hunderte von Leuten jeden Schritt falsch interpretieren. Aber unabhängig von Köln freue ich mich über meine Entscheidung für Mannheim.“

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