Panorama Haare machen Leute

Palma. Ein ordentlicher Haarschnitt ist manchmal mehr als bloße äußerliche Kosmetik. Die neue Frisur kann auch Anstoß zu einem ganz neuen Leben sein. Wie bei José Antonio Bujosa, der die letzten 25 Jahre auf der Ferieninsel Mallorca als Obdachloser auf der Straße lebte.

Verwahrlost, mit langem Rauschebart und wilder Mähne gehörte er lange Zeit zum Stadtbild von Palma, wo er sich ein paar Euro als inoffizieller Parkplatz-Einweiser verdiente. Dort, auf dem Platz „Plaça del Mercat“, lebte und schlief er, seit der Elektriker nach einem Arbeitsunfall und einer Depression auf der Straße gelandet war. Und dort, in der historischen Altstadt, wurde der mallorquinische Friseur Salva García auf ihn aufmerksam. García steckte dem stadtbekannten Obdachlosen, der von den Passanten auch „Josete“ genannt wird, immer mal eine Münze zu. Eines Tages bot er dem Mann mit dem schulterlangen grauen Haar an, ihm kostenlos die Haare zu schneiden und ihm so „wieder etwas von seinem Leben zurückzugeben“. „Josete“ nahm das Angebot des Friseurs an. Was sich daraufhin abspielte und in einem Video dokumentiert wurde, darf man durchaus als wundersame Verwandlung bezeichnen, die einen neuen Menschen aus dem Vagabunden machte. Als José Antonio nach der Haar- und Bartbehandlung das erste Mal in den Spiegel schaute, der zunächst verdeckt worden war, traten ihm die Tränen in die Augen. Er konnte kaum glauben, dass es sein Gesicht war, das er nun sah: mit einem modernen und coolen Hipster-Schnitt, Haupthaar und Bart schwarz gefärbt. Das Video von der Metamorphose „Josetes“, das der Friseur zusammen mit einer Produktionsfirma von Freunden bereits vor über einem Jahr drehte, aber erst jetzt veröffentlichte, ist inzwischen ein viraler Hit im Internet. Der Clip mit dem Titel „El espíritu de la plaza“ (Der Geist des Platzes) geht mit Untertiteln in mehreren Sprachen um die Welt. Und es machte den heute 55-Jährigen zum berühmtesten Obdachlosen Spaniens. Der Kurzfilm scheint tatsächlich dabei zu helfen, José Antonio ein neues Leben zu verschaffen. Der Anfang ist bereits gemacht: Ein anonymer Gönner besorgte dem Mann ein Zimmer in Palma. Spenden machten eine notwendige Augenoperation möglich. Nur die größte Herausforderung ist noch nicht bewältigt: eine Arbeitsstelle zu finden, die „Josete“ ein festes Einkommen sichern würde. Aber José Antonio ist zuversichtlich. „Mir geht es gesundheitlich schon besser und ich bin auf dem Weg, mein Leben radikal zu ändern.“

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