Wirtschaft Zinsen bleiben unten

Im Italienischen gibt es ein Wort, das viele Deutsche gerne von EZB-Chef Mario Draghi hören würden: „Basta“ – genug der Geldschwemme, mit der die Notenbank seit Jahren die Märkte flutet. Doch Draghi stellt die Geduld seiner Kritiker weiter auf die Probe.

Der EZB-Rat werde erst im Herbst über den weiteren Kurs beraten, sagte der Italiener gestern nach der Sitzung des Gremiums in Frankfurt. Zur Begründung verwies er auf die niedrige Inflationsrate in der Währungsunion. Sie lag im Juni bei 1,3 Prozent, die EZB strebt eine Rate nahe 2 Prozent an. Für die Annäherung an diese Vorgabe bleibe die lockere Geldpolitik notwendig, sagte Draghi. „Wir müssen geduldig und beharrlich sein, weil wir noch nicht am Ziel sind.“ Die Notenbank hält sich deshalb sogar die Option offen, ihre umstrittenen Anleihekäufe auszuweiten. Der EZB-Rat bekräftigte entsprechende Aussagen aus früheren Sitzungen. Viele Beobachter hatten erwartet, dass die Notenbank angesichts der guten Wirtschaftslage auf die Option verzichten würde, das aktuelle Kaufvolumen von 60 Milliarden Euro monatlich zu erhöhen. „Ich hätte mir gewünscht, dass die EZB heute zumindest verbal einen weiteren kleinen Trippelschritt in Richtung Ausstieg aus der extrem expansiven Geldpolitik gewagt hätte“, so der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Banken (BdB), Michael Kemmer. Der Präsident des Münchner Ifo-Wirtschaftsforschungsinstituts, Clemens Fuest, warnte: „Ohne ein klar kommuniziertes Programm zum Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik gerät die EZB nur immer mehr unter Druck, die Geldschwemme aufrechtzuerhalten.“ Analysten äußerten die Überzeugung, dass die EZB entgegen den offiziellen Aussagen bereits den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik vorbereitet. „Wir gehen weiter davon aus, dass sie bei der nächsten Sitzung im September für Anfang 2018 ein Herunterfahren ihrer Anleihenkäufe ankündigen wird“, sagte Ralph Solveen von der Commerzbank. Dass Draghi Festlegungen vermeide, sei ein Versuch, sich möglichst lange eine größtmögliche Flexibilität zu erhalten.

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