Wirtschaft Mein Kollege, der Roboter

91-97020175.jpg

Hannover. Standen Industrieroboter über viele Jahre aus Sicherheitsgründen in Gitterboxen oder waren durch Zäune in der Produktion abgetrennt, können neueste Maschinen gefahrlos mit dem Menschen arbeiten. Kollaborative Roboter – Cobots genannt – waren eines der Schwerpunktthemen auf der Hannover Messe in dieser Woche. Keine allzugroße Rolle spielten hingegen die Themen IT-Sicherheit und Cyberkriminalität.

Der Einsatz von Robotern ist enorm vielfältig: Er reicht von riesigen Apparaten, die einen Mittelklassewagen heben und transportieren können über Automaten bei der Verpackung von Produkten bis zum mechanischen Armersatz, der tropffrei ein Weizenbier einschenken kann und das obligatorische Schütteln der Flasche – um den Hefesatz zu lösen – verinnerlicht hat. Deutlichen Zuwachs haben kollaborative Roboter, die dafür ausgerüstet und darauf programmiert sind, gemeinsam mit dem Menschen zu arbeiten. Viele Sensoren und eine empfindliche Oberfläche sollen Unfälle verhindern. Berühren sich Mensch und Maschine, stoppt der Roboter. Künstliche Intelligenz soll dafür sorgen, dass diese Roboter dazulernen, dass sie ihre Einsatzfähigkeit verbessern. Zu den großen Anbietern von Robotern zählt der Schweizer Technologiekonzern ABB, dessen deutsche Landesgesellschaft in Mannheim sitzt. Zum ABB-Portfolio an digitalisierten Produkten und Lösungen zählen auch Cobots, wie Yumi, dessen Name (ausgesprochen wie englisch you and me für du und ich) auf die gemeinsame Arbeit hinweist. Sie sind im Gegensatz zu Robotern, die eine programmierte Routine starr abspulen, leicht und schnell programmierbar, indem der Mitarbeiter mit dem Roboterarm Bewegungen ausführt, die der Cobot nachahmt. Der Unternehmensbereich Robotik und Antriebe trägt rund 14 Prozent zum Umsatz von ABB Deutschland bei. Für die nächsten Jahre rechnet ABB im Bereich Robotik mit einem guten Wachstum. Deutschlandchef Hans-Georg Krabbe glaubt nicht, dass Roboter industrielle Arbeitsplätze in großem Stil vernichten. Trotz eines hohen Einsatzes von Robotern in Deutschland sei die Anzahl der Arbeitslosen im globalen Vergleich sehr gering, sagt Krabbe. So stieg nach Angaben des Verbands der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) in der Automobilbranche der Roboterbestand zwischen 2010 und 2015 um 17 Prozent. Gleichzeitig wuchs die Beschäftigung in der deutschen Schlüsselbranche um 13 Prozent. Für die Hersteller von Robotern und Cobots prognostiziert der VDMA einen deutlichen Zuwachs. Bis 2019 werde die Anzahl neuer Roboter in der Industrie um 12 Prozent steigen. Allein für dieses Jahr rechnet der Verband mit einem Rekordumsatz für die Robotik- und Automatisierungsbranche von 12,5 Milliarden Euro. Roboter spielen auch in der vernetzten Produktion eine Rolle und können in digitalisierte Prozesse mit einbezogen werden. Eine Schnittstelle mehr im Gesamtablauf und damit ein weiteres potenzielles Einfallstor für Kriminelle – um die Produktion lahmzulegen, um von Unternehmen Geld zu erpressen, oder um unerkannt Industriespionage zu betreiben. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat auf der Hannover Messe mit Live-Hacking eindrucksvoll vorgeführt, wie leicht es ist, per E-Mail eine als Bestellauftrag getarnte Schadsoftware einzuschleusen und so die Produktion lahmzulegen. Die Software dafür sei frei zugänglich und in Deutschland nicht verboten, weil sie auch zur Kontrolle eigener IT-Prozesse verwendet wird. Cybersicherheit sei die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung. Und dafür seien mehr Fachkräfte vonnöten. Allein das BSI will dieses Jahr 180 Mitarbeiter einstellen. Die Auswirkungen der Cyberkriminalität sind enorm. Nach Angaben des Branchenverbands Bitkom verursachen Kriminelle in jedem Jahr einen Schaden von 51 Milliarden Euro. „Das Phänomen“, sagt Susanne Dehnel von der Bitkom-Geschäftsleitung, „zwingt zu gesellschaftlichem Handeln“. Für Detlef Zühlke, Vorstandsvorsitzender der Kaiserslauterer Technologie-Initiative Smart Factory, ist Sicherheit ein zentrales Thema. Es müsste statt bisher bundesweit vier in jedem Land ein eigenes Kompetenzzentrum für Netzwerksicherheit geben. Zudem müsste das Tempo in der Sicherheitsdebatte und bei Entscheidungen erhöht werden. Zühlke hält es außerdem für sinnvoll, wenn jeder Betrieb über einen eigenen Sicherheitsbeobachter verfügte. Leitartikel Serie: Vernetzte Welt Die Digitalisierung verändert unsere Arbeitswelt und unser Leben. Der Datenstrom fließt immer breiter und schneller. Die RHEINPFALZ-Serie „Vernetzte Welt“ zeigt auf, wo an der Partitur für diese Zukunftsmusik mitgeschrieben wird.

91-97020172.jpg
x