Wirtschaft Lage bei Air Berlin spitzt sich zu

Gestern musste Air Berlin wieder rund 70 Flüge streichen.
Gestern musste Air Berlin wieder rund 70 Flüge streichen.

«Berlin.» Die Situation bei der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin hat sich durch den „wilden Streik“ von Piloten weiter verschlechtert. Zwar haben sich gestern weniger Piloten als am Vortag krank gemeldet, doch musste das Unternehmen dennoch rund 70 Flüge streichen.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) appellierte an die Flugzeugführer, ihren Dienst so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. Auch Vertreter des Managements baten an die Piloten, ins Cockpit zurückzukehren. „Unterstützt uns in dieser für das Unternehmen existenzbedrohenden Situation“, schrieb Konzernchef Thomas Winkelmann in einem offenen Brief. Alles andere würde die Rettung der Airline gefährden. Bereits am Dienstag waren rund 100 Maschinen am Boden geblieben, weil sich etwa 200 Piloten zum Teil kurzfristig krank gemeldet hatten. Daraufhin hatte der Generalbevollmächtigte des Unternehmens, Frank Kebekus, gewarnt: „Wenn sich die Situation nicht kurzfristig ändert, werden wir den Betrieb und damit jegliche Sanierungsbemühungen einstellen müssen.“ Air Berlin ist seit Mitte August pleite und kann nur dank eines Staatskredits über 150 Millionen Euro weiterfliegen. Interessenten können bis morgen ein Kaufangebot für den Konzern oder Teile davon einreichen. Am 21. September soll dann der Gläubigerausschuss zusammenkommen. Zu den Interessenten zählt der Marktführer Lufthansa, der sich durch die Übernahme von Teilen Air Berlins einen schnelleren Aufbau der neuen Tochter Eurowings erhofft. Die Billigtochter der Lufthansa hatte bereits im Frühsommer mehr als 30 Jets von Air Berlin und deren Besatzungen übernommen. Dazu wurden die Maschinen in die Farben von Eurowings umlackiert und die Leasingverträge übernommen. Aber auch der Billigflieger Easyjet und die Ferienfluggesellschaft Condor soll an Teilen interessiert sein. Der Unternehmer Hans-Rudolf Wöhrl hat zudem betont, dass er sich auch eine Gesamtübernahme des Unternehmens vorstellen könne. Er wehrt sich vor allem gegen eine Übernahme durch die Lufthansa und kritisiert, dass sich Lufthansa und die Bundesregierung offenbar schon vor der Einleitung der Insolvenz abgesprochen hätten. Ähnliche Kritik äußert auch Michael O“Leary, Chef des irischen Billigfliegers Ryanair, der aus dem Bieterrennen ausgestiegen ist. Neu im Rennen ist ein chinesischer Investor. Die Betreiber-Gesellschaft des Flughafens Parchim in Mecklenburg Vorpommern, Link Global Logistics, erwägt eine Offerte für die insolvente Fluggesellschaft. Der chinesische Unternehmer Jonathan Pang würde bei einer erfolgreichen Übernahme eine Kooperation seiner Logistikfirma mit der Fluggesellschaft ausloten. Dobrindt verwies mit Blick auf Pang auf das für Airlines geltende EU-Recht nach dem Prinzip „Ownership und Control“. „Das heißt, dass die Mehrheit des Eigentums und die Kontrolle über eine europäische Fluggesellschaft auch von Europäern gehalten werden muss“, sagte Dobrindt. Der Insolvenzverwalter dagegen begrüßte, dass sich die Zahl der Bieter erhöht habe. Viele Piloten fürchten bei einer Übernahme durch Konkurrenten wie Lufthansa oder Easyjet erhebliche Gehaltseinbußen. Sie fordern deshalb Verhandlungen mit Air Berlin darüber, nach welchen Maßstäben sie übernommen werden könnten. Dies ist auch für die Interessenten ein Knackpunkt. „Der Betriebsübergang von Personal ist die giftige Pille, die Condor, Lufthansa und Easyjet nicht schlucken wollen“, sagte ein Insider aus dem Umfeld der Verhandlungen. Die Pilotengewerkschaft VC dagegen betonte, dass man erst dann über Tarife sprechen könne, wenn die unternehmerischen Verhältnisse geklärt seien. Auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles kritisierte das Verhalten der Piloten als „hochgradig unsolidarisch“. Kommentar

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x