Zweibrücken Zweibrücken: Bürger von Saatkrähen-Plage genervt

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Seit den 90er Jahren fühlen sich Zweibrücker von Saatkrähen gestört. Der Lärm, der ätzende Kot und zuweilen der Hühnerstallgeruch stören auch die Rosengartenbesucher. Ein Gutachten mit Lösungsvorschlägen soll demnächst im Stadtrat vorgestellt werden.

Laut Heiko Wunderberg vom Umwelt- und Servicebetrieb (UBZ) wurden erstmals 1992 im Spachschen Garten an der Wackenstraße zwölf Brutpaare gezählt. 1993, 1994 hätten die ersten Paare auf der Mülldeponie im Rechenbachtal gebrütet. Verschiedene Kolonien seien entstanden und wieder aufgegeben worden, zum Beispiel in Mittelbach am Lindenhof, in Bubenhausen südlich des TSC-Sportplatzes oder auf dem Galgenberg. Laut Wunderberg gab es 2015 in der Plantanenallee am Rosengarten 307, in der Plantanenallee bei Heilig-Kreuz 192, in Bubenhausen 119, nördlich der Parkbrauerei 69 und auf dem Wattweiler Berg zwei Nester, zusammen 689. Pro Brutpaar könne man von drei bis fünf Jungvögeln ausgehen. Rein rechnerisch kommt man so auf rund 5000 Vögel. Wie der Sachgebietsleiter der Unteren Naturschutzbehörde im November vergangenen Jahres im Stadtrat sagte, sind mehr als ein Viertel der Saatkrähenpaare in Rheinland-Pfalz in Zweibrücken heimisch. Oberbürgermeister Kurt Pirmann macht einen Schuldigen für die Zunahme der Nistplätze aus: „Der aus Artenschutzgründen durchaus positiv zu bewertende Zuwachs der Saatkrähen-Population ist nicht zuletzt auf das verbesserte Nahrungsangebot durch den zunehmenden Maisanbau zurückzuführen“, beantwortete er eine Anfrage von Stadtratsmitglied Josef Reich. Doch ist der Belagerungszustand durch die Krähen auch hausgemacht: Durch Abholzaktionen wie in Zweibrücken und Althornbach (wir berichteten am 9. Januar) zerstört man die Brutplätze und Nahrungsquellen der Allesfresser. Die Landflucht in den Grüngürtel der Stadt mit Rennwiese und Regenwürmern ist die Folge. Laut UBZ-Vorstand Werner Boßlet, Chef der Unteren Naturschutzbehörde, des Rosengartens und der Deponie, gibt es im Kindergarten Heilig-Kreuz an der Allee durch die Krähen das Problem des gesundheitsgefährdenden Drecks und des Lärms zu Zeiten des Mittagsschlafs. Auch Besucher des Rosengartens beschwerten sich. Probleme gebe es auch durch das Abbrechen vieler Zweige an gesunden Bäumen. Durch das Stutzen der Bäume entlang des Rosengartens wurden aktuell die Vögel zur Brut und Jungtieraufzucht in die Dr.-Ehrensberger-Straße vertrieben – zum Leidwesen der Bewohner der Hausnummern 27 bis 33, deren Balkone und Eingangstüren nun voller weißer Kottupfer sind. Eine Mietminderung lehnt Gewobau-Geschäftsführer Rolf Holzmann ab: „Wir können die Natur nicht beeinflussen.“ Auch in Stadtnähe sind die Plagegeister aktiv. Familie Glahn vom Heilbachhof in Mörsbach kann ein Lied davon singen. „Ich habe nichts gegen Krähen, wenn sie in kleinen Gruppen auftreten“, sagt Hartmut Glahn. „Aber 500 bis 1000 auf einmal ist schon heftig.“ Auf dem Weg zur Mülldeponie machten sie bei der Biogasanlage Rast. Dabei versuchten sie, Mais aus den Fahrsilos aufzupicken. In der benachbarten Deponie hielten die Krähen sich vorwiegend am Wochenende auf, wenn dort kein Betrieb herrscht. Das sei auch der Grund, warum sie den Bauernhof direkt meiden. „Sie lassen sich ungern stören“, hat der Landwirt beobachtet. Besonders frisch eingesäte Felder seien Anziehungspunkte für die intelligenten Tiere. Gezielt flögen sie die mit Erbsen und Mais bestellten Felder an. „Sie ziehen reihenweise so lange an den Pflänzchen, bis sie die Saatkörner haben“, erzählt Glahn. Tieferes Aussäen und Festwalzen des Bodens seien keine sicheren Gegenmaßnahmen. Für Schäden durch wildlebende Tiere wie Krähen gebe es keine Entschädigungszahlungen. Dass Abfälle Krähen anziehen, bestätigt auch Anna Ephan, Pressesprecherin von Remondis. Der Entsorgungsdienstleister schlägt im Pirmasenser Stadtteil Fehrbach Leichtverpackungen in gelben Säcken um. In bestimmten Abständen tauchten Vogelschwärme dort auf. „Im Grunde genommen gefällt uns das auch nicht, da sie alles vollkoten“, sagt Ephan. Stärker Leidtragende sind jedoch die landwirtschaftlichen Betriebe im Staffelhof. So hätten die Krähen Landwirt Franz Nohr mehr als einmal Getreidepflänzchen aus dem Boden gezupft. Wie lange die Warnschilder „Brütende Saatkrähen! Es ist mit herabfallenden kleinen Ästen und Kot zu rechnen!“ noch vom UBZ aufgehängt werden, ist offen. Ob das beauftragte Gutachten zur Krähensituation die große Lösung bringt, bleibt abzuwarten. Laut UBZ-Vize Nicole Hartfelder liegt es in den letzten Zügen. „Wenn es fertig ist, wird es im Stadtrat vorgestellt.“ Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD) in Neustadt als oberste Naturschutzbehörde habe das Zurückschneiden der Platanen und damit das Entfernen von Saatkrähennestern seit 2010 immer wieder für beantragte Abschnitte genehmigt, teilte Sprecherin Ulrike Schneider auf Anfrage mit. „Gründe waren das Auftreten einer Krankheit an den Bäumen sowie die Verkehrssicherheit.“ Die letzte Genehmigung sei bis 15. Februar 2017 befristet gewesen. Eine mögliche Vergrämung der Saatkrähen durch einen Falkner sei fallabhängig zu prüfen. „Ein Antrag liegt uns nicht vor“, so Schneider.

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